Die Kommissarin und ihr Delinquent - was wird nur aus den beiden? Leben wir in einem Rechts- oder Polizeistaat? SOKRATES - Der kafkASKe Fortsetzungsroman Folge 56:
Aber er sah in ihr weniger eine Bedrohung als vielmehr einen netten Menschen, der warum auch immer, sein Herz berührte. Es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte ihre Hand genommen. «Nein, nein», sagte sie endlich, «ich werde Ihnen nicht in Ihren Keller folgen und wir werden schon gar nicht gemeinsam irgendetwas ausgraben! Sie haben doch nur Interesse daran, Ihre Spuren zu verwischen. Für wie blöde halten Sie mich?» Er machte mit beiden Händen eine abwehrende Geste: «Oh nein, nein, ich bitte Sie! Nichts liegt mir ferner als das! Es war doch nur eine Metapher. Gehen Sie ruhig in meinen Keller! Durchsuchen Sie alles, was Sie möchten!» «Schon geschehen! Dazu brauche ich Ihr Einverständnis überhaupt nicht.» Es kränkte ihn, dass sie auf seine Wärme und Anteilnahme so eisern reagierte: «Ist das wie mit dem Fausthieb auf meine Nase. Einfach nur willkürlich, als lebten wir in einem Polizei- und nicht in einem Rechtsstaat? Haben Sie meine Sachen ohne eine Durchsuchungsanordnung durchwühlt?» Sie bekam große Lust, einfach aufzustehen und zu gehen. Sie musste sich vor ihm nicht rechtfertigen! Aber es gefiel ihr, dass seine Anteilnahme nicht aus Schwäche kam, und seine Stimme durchaus wieder in sachliche Härte umschlagen konnte, wenn sie ihm dazu den Anlass bot. Er sah in ihrem Gesicht für den Bruchteil einer Sekunde etwas ganz anderes als die Kommissarin. Und er hörte sie sagen: «Halt einfach die Fresse Nilam! Halt einfach das Maul!» Die Frage: wer ist Nilam? Lag ihm schon auf der Zunge, aber er besann sich schnell nichts zu sagen. Es war, als galten die Worte gar nicht ihm. «Sie haben alle Ihre Sachen ordentlich erhalten. Sagten Sie nicht selbst, dass Sie sich über ihr ThinkPad besonders gefreut hätten?» «Ja, vielen Dank. Sie haben sogar an das Netzkabel gedacht! Ich war in den vergangenen Tagen ein wenig außer Gefecht gesetzt. Jetzt erst kann ich mich mal wieder meinem Computer widmen. Ich soll hier angeblich sogar Internet haben. Das hat mir zumindest Schwester Maja mitgeteilt.» «Dann wird das auch so sein», antwortete die Kommissarin, was ihm ein schlechtes Gewissen machte, Schwester Maja mißtraut zu haben. Einige Fragen schwirrten ihm durch den Kopf, die er aber nicht stellte, weil er sie für verfänglich hielt. So anziehend er die Kommissarin auch fand; er durfte nicht vergessen, dass sie gegen ihn ermittelte. Und sie hatte ihre Absicht klar formuliert: sie würde in jedem Keller eine Leiche finden. Ihre Philosophie war eindeutig: Niemand ist unschuldig. Andererseits wollte er das Gespräch suchen. Durch Schweigen allein würde er gar nichts erfahren. «Sind Sie zu meiner Bewachung abgestellt?» fragte er. «Ich bin überhaupt nicht abgestellt!» sagte Johanna. Er wollte dieses Mal nicht locker lassen. Ruhig, besonnen, diplomatisch – irgendetwas musste doch auf diesem Weg zu erfahren sein: «Entschuldigen Sie bitte, Frau Kommissarin. Ich weiß nicht genau, was ich Sie fragen und von Ihnen erfahren darf. Aber die Situation ist für mich mehr als seltsam.»
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