Für wen schreibst du?
Was ich nicht selbst essen würde, böte ich auch sonst niemandem an, bis auf Futter aus der Dose für meinen vierbeinigen Freund, aber er bekommt weiß Gott nicht nur Dosen- oder Trockenfutter. Gestern haben wir uns Lamm geteilt. Und so manch einen Abend verspeisen wir Steaks, er ganz ohne Messer und Gabel, so ein 300g Steak verschwindet nach etwas Weichkauen in einem Haps. So mute ich auch meinen Leserinnen und Lesern nichts zu, was ich nicht selbst gern lesen würde und natürlich gibt es unterschiedliche Geschmäcker. Literatur ist eine sehr unaufdringliche Kunstform im Gegensatz zur Musik zum Beispiel, man kann sich dem Hören nicht entziehen, wenn man es nicht mag. Lesen ist ein aktiver Prozess und man kann so lesen, wie man mag und sofort aufhören, wenn man nicht mag. Das erleichtert mir das Schreiben für mich, ich denke mir, ich würde das alles sehr gerne lesen und wer es anders sieht, kann es sein lassen. Genau diese Freiheit ist mir sehr wichtig. Ich schreibe nach eigenem Gusto und wer es nicht mag, soll es bitte nicht lesen und schon gar nicht lesen müssen, zum Beispiel als Schullektüre. Stelle mir vor: Eines Tages ist der SOKRATES-ROMAN Schullektüre - das ist für mich eine Horrorvorstellung. Generationen von Schülerinnen und Schülern müssen diesen Roman lesen, weil darüber eine Klassenarbeit geschrieben wird, in welchen Folgen verarbeitet der Autor seine Erinnerungen an seinen verstorbenen Vater? Ist das nicht furchtbar? Liebe Schülerinnen und Schüler späterer Generationen, es tut mir Leid, diesen Roman geschrieben zu haben, so etwas wollte ich euch niemals antun! Aber seht bitte, dass nicht ich euch quäle, sondern das elende und niemals reformierbare Schulsystem. Wahrscheinlich wird genau diese ask-Antwort verlorengehen und in keiner Werkausgabe auftauchen und die armen Kinder werden mich verfluchen. Wahrscheinlich aber kommt es ganz anders, niemand wird Notiz von mir und meiner Literatur nehmen, alle werden zwar nicht vom System aber doch von mir verschont bleiben und ich werde Gott sei Dank wenigstens für mich geschrieben haben. So habe ich zu Lebzeiten Spaß und das Schreiben ist nicht umsonst. Wenn ich aber anderen eine Freude machen kann, ist das Schreiben umso schöner, so habe ich Spaß und der eine oder andere ebenfalls. Nun werde ich mich einer anderen Frage zuwenden, die theoretischer, um nicht zu sagen rationalistischer Natur zu sein scheint, ob denn der Poststrukturalismus der Postmoderne subsumiert werden könne. Ich hatte einen Professor in der Filmwissenschaft, der auf solche Fragen von mir diese und zwar nur diese Antwort gab: "wenn Ihnen das was bringt!" Ich mochte ihn sehr und habe, als ich von seinem Tode erfuhr in der Cafeteria der Uni geweint. In meinen Erinnerungen lebt er weiter und ich frage mich, warum er noch keinen Eingang in den SOKRATES-Roman gefunden hat.
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et immutati
Rotaranthony