Die Antwort auf @ShortMan679 als Bilanz meiner Schreibereien ist nicht nur kurz ausgefallen, gemessen an meiner Marginalie zum Hexenhammer, sondern auch lückenhaft... Von 550 Folgen ist die Rede und gemeint ist natürlich SOKRATES, der kafkASKe Fortsetzungsroman...
Aber das Grundthema: die Selbstverständlichkeit, mit der man Dinge im Kopf abgespeichert hat, zieht sich ja durch die Antworten... eine «profane» oder «ganz normale Mörderin» lässt sich so selbstverständlich leicht sagen, und doch ist uns, sobald wir den Finger darauf legen, sofort klar, dass an einem Mord nichts selbstverständlich ist. Aber es sind doch tatsächlich diese Selbstverständlichkeiten, die elenden Unsichtbarkeiten, man nimmt sie nicht wahr, weil sie einen ständig umgeben und man sogar mit ihnen groß wird, die «das System» letztendlich stärken und überlebensfähig machen. Ich habe in Adornos Denken und seinen Vorträgen und Aufsätzen neu entdeckt, wie er diese Selbstverständlichkeiten dialektisch aufzuheben und als Zwischenschritt kurz davor sichtbar zu machen versucht. Während ich von Meister Otto @druide0815 ein kleines Lob des Schubladendenkens erhalte, weil Schubladen eben sehr nützlich sind und aufräumen und sortieren helfen, muss ich Adorno aus der Schublade des linken Rationalismus herausholen, wohin ich ihn gesteckt hatte. Aber auch Meister Otto wird es kennen, wenn man beim Aufräumen, etwas in die falsche Schublade steckt, muss man bisweilen verwundert lange suchen, bis man es wiederfindet, denn es ist eben nicht da, wo man es logisch annimmt und vermutet. Adorno ist sensibel und sensualistisch und gehört gewiss nicht in die rationalistische Schublade. Es lohnt sich, seine Vorträge auf Youtube zu hören oder als Buch zu lesen. Und da komme ich auch schon wieder zu meiner Bilanz: In den «365-Gedankenstrichen» möchte ich so manches Mal auf die «Dialektik der Aufklärung» eingehen und bin mittlerweile (diese Antworten mitgezählt) beim 59. Gedankenstrich. Auch meine Bilal-Dispute haben selbstverständlich Eingang in die Schreibprojekte gefunden. Und Jemands @DerBilal provokante Frage nach dem, wer denn entscheide, was «richtiges» und «falsches» Leben sei, hallt ja noch immer nach - das ist eine Frage mit einem großen Resonanzkörper, möchte nun fast orthographisch verrückt von einem «Räsonanzkörper» sprechen ;) Also wird kräftig weiter räsoniert. Momentan möchte ich in meinem selten benutzen Blog «Archiv für ungeschriebene Texte» einen Text unter dem Titel verfassen «Treffen in Tabarz»; da ich mich dort mit meinem 94-jährigen Schwiegervater getroffen habe, um zwei Wochen in Gesprächen Biographiearbeit zu machen. Seit einer Woche erzählen wir uns schon fast pausenlos, meine Spaziergänge mit Diego dienen zur Erholung. In meinem gewohnten Leben dienen sie eher dazu zu philosophieren und zu sinnieren, der Melancholie zu huldigen oder über Konventionen und Zwänge nachzudenken. Nun atme ich aber tief Thüringens gute Luft ein und denke mir: Goethe kann es nicht schöner gehabt haben als ich. Das verpflichtet! Ich sollte auch gute Texte produzieren, aber ohne mich unter Druck zu setzen. Meine erste Frau fragte schon, was es denn mit dem «Biographischen Archiv» auf sich habe, worin die Erzählungen und Erinnerungen ihres Vaters einfließen werden.