@wearethelasthope

Noah Routh

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Die wärmenden Strahlen der am wolkenlosen Horizont brennenden Sonne brachen durch das gläserne Dach des beeindruckenden Saals und benetzten in Form eines kleinen Lichtkegels das beschmutzte Antlitz des jungen Revolutionärs. Von außen wirkte der schon mystische Anblick als hätte das Schicksal den verurteilten Mann auserkoren gehabt – doch in Wahrheit fühlte es sich für Noah so an, als würde die Sonne ihm die Haut von den Knochen brennen wollen.
Ruckartig zerrte einer der Soldaten an den stählernen Ketten und zwang Noah dazu, im Zentrum des Raumes auf seine zerschundenen Knie zu fallen. Das chaotische Gemurmel der anwesenden Schaulustigen prallte förmlich an Noahs tauben Ohren ab – einzig und allein Myras und Varshas Stimmen hätten zu ihm durchdringen können. Noah schreckte auf; ein lautes Scheppern ließ die unzähligen Gespräche der Bürger verstummen: die stählerne Augenbinde seinerseits fiel klirrend zu Boden und zum Vorschein kam ein grausamer Anblick: Getrocknetes Blut umrahmte die entzündeten Wunden, die vor wenigen Sekunden noch unter der scheuernden Maske lagen. Außenstehende konnten nur erahnen, welch brennender Schmerz auf jenem zerschundenen Antlitz lastete. Doch dies war nicht einmal der wahre Grund, weshalb Noah qualvoll das Gesicht verzog und fest seine Augen zukniff.
Die ungewohnte Helligkeit drohte, ihn erblinden zu lassen.
Die hartnäckigen Sonnenstrahlen kämpften sich durch seine zusammengepressten Augenlider und brannten sich tief in seine Netzhaut. Die heißen Tränen wirkten wie Salz in seinen frischen Wunden, die er der stählernen Maske zu verdanken hatte. Nach tagelangem Schweigen brauchte Noah einige Sekunden, um seine einst so klare Stimme wiederzufinden: Doch glich sie vielmehr einem schwachen Krächzen – als hätte Noah die sechsundzwanzig Jahre seines Lebens nur mit dem Rauchen von Zigaretten verbracht gehabt.
„Ich…“, selbst dieses eine Wort brannte wie reiner Alkohol in seinem trockenen Rachen – ein bellendes Husten preschte zwischen seinen aufgerissenen Lippen hervor, wobei sein von Dreck benetzter Kopf kraftlos nach vorne sackte. Einzig und allein die groben Klauen der Wachen hielten Noah davon ab, mit seinem Gesicht auf den edlen Marmor zu fallen. Für einen kurzen Augenblick hielt er regungslos inne. Dann legte er den Kopf in den Nacken, um Varsha mit seinen verblassten Augen einen ehrlichen Blick zu schenken:

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„Ich habe sie getötet. Eure Drasta. Myras beste Freundin. Meine einzige Chance.
Zu behaupten, diese Last zu tragen, sei Strafe genug, wäre töricht – sich hinter dem Schicksal zu verstecken, ebenso. Ganz gleich, ob es Hollis Bestimmung war, oder nicht; eines ist klar:
Wäre ich nicht, würde sie nun noch leben.“
Noah verfiel kurz in Schweigen.
Die Schaulustigen hielten den Atem an.
Er hatte gestanden.
„Welche Macht auch immer in mir erweckt wurde: Hollis ist gestorben, weil ich diese Macht nicht kontrollieren konnte. Sie ist gestorben, weil ich zu schwach war. Und dennoch: Myra hat mir diese Macht nicht umsonst geschenkt und Hollis hat diese Macht nicht umsonst in mir erweckt. Mich nun zu töten würde Hollis Tod jegliche Bedeutung stehlen. Sie wäre umsonst gestorben. Dabei hatte sie nur einen Grund, diese Macht in mir zu erwecken: Um Myra und Euch zu helfen, Myras Heimat zurückzuerobern.“
Noah schluckte schwer.
Woher auch immer diese Worte kamen, die über seine Lippen huschten: Sie wirkten wie die Worte eines völlig anderen Mannes. Eines Mannes, der Noah nun sein musste. Pragmatisch. Gewissenlos. Kalt. Was hatte er nun noch zu verlieren? Sein Leben? Was war dieses denn schon wert?
„Es ist nun Eure Entscheidung, ob Ihr das letzte Geschenk von Hollis – meine Macht – mit mir vernichten werdet, oder diese nutzt, um Lyshavet zu erobern – so, wie es Hollis vorgesehen hatte. Und wenn es dann noch immer Euer Wille sein sollte, könnt Ihr mir mein Leben nehmen sobald Myra wieder auf dem Thron von Lyshavet sitzt. Ganz gleich, wie Ihr Euch entscheiden werdet, ich werde mein Urteil akzeptieren. Denn es ist wahr; Auch, wenn ich es niemals beabsichtigt habe: Hollis‘ Blut klebt an meinen Händen.“
Kein einziges Mal hatte der junge Revolutionär seinen entschlossenen Blick von Varshas makellosem Antlitz abgewandt – selbst als seine krächzende Stimme endgültig verstummt war, kniete er regungslos mit dem Kopf in seinem Nacken auf dem kalten Marmor und betrachtete seine Richterin. Die Richterin, die nun über sein Leben entschied.

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Dunkelheit. Kälte. Stille.
Lediglich wenige Minuten waren seit Myras Verschwinden verstrichen gewesen und doch vermochte die eingekehrte Einsamkeit Noah zu zerfleischen. Obwohl keine weitere Menschenseele in der Nähe war, hallten unzählige Stimmen durch seinen schmerzenden Kopf – und sie alle schrien nur diesen einen Satz, immer und immer wieder: „Hollis ist tot.“
Hollis ist tot.
Er hatte das Leben der maskierten Dame auf grausamste Art und Weise beendet gehabt.
Er hatte die Frau ermordet, welche ihm das größte Geschenk seines Lebens machen wollte.
Er hatte Myras beste Freundin ausradiert gehabt.
Ganz gleich, wie oft er sich auch einreden wollte,
dass Hollis sich ihrer Lebensgefahr bewusst war,
dass Hollis ihr grausames Schicksal akzeptiert hatte,
dass Hollis all das wollte,
er konnte die Schuld nicht von seinen Schultern schieben.
Denn am Ende waren es seine unkontrollierten Kräfte, die dazu geführt hatten, dass das Leben aus Hollis Körper endgültig geflossen war.
Noah war schlichtweg zu schwach gewesen.
Zu schwach, um seine eigenen Kräfte zu beherrschen.
Zu schwach, um seine Freunde und Familie zu schützen.
Zu schwach, um Hollis‘ Schicksal zu ändern.
Er war zu schwach.
Dass dies sein Ende bedeutete, verrieten ihm nicht nur die stählernen Fesseln, die fehlende Nahrung oder die tagelange Isolation. Er selbst konnte sich nicht einmal diesen fatalen Fehler vergeben: Wie sollte es dann Varsha tun? Er hatte eine der wohl wichtigsten Frauen dieses Reiches auf dem Gewissen gehabt und war nicht nur eine Gefahr für sich selbst sondern auch für alle unschuldigen Bürger, die unter Varshas Schutz standen Doch was Noah am meisten beschäftigte war Myra.
Er hatte ihre beste Freundin ermordet gehabt. Die Frau, die immer wohlwollend an Myras Seite stand. Die Frau, die Myra stets in Ehren hielt. Und er hatte sie nur im Bruchteil einer Sekunde vernichtet gehabt. Dennoch; Myra hasste ihn nicht, verachtete ihn nicht. Im Gegenteil: Sie schien alles Mögliche in ihrer Macht stehende tun zu wollen, um ihn endlich von seinen eiskalten, schweren Ketten zu befreien. Und genau das besorgte ihn. Wie konnte es sein, dass sie keine Verachtung ihm gegenüber hegte? Wollte sie diese schmerzhafte Wahrheit nicht sehen? Dass der Mann, auf dem sie so große Stücke gehalten hatte, den wohl größten Fehler beging, den er hätte machen können? Wieso war sie nicht enttäuscht von ihm?
Wieso hasste sie ihn nicht?
Wieso wollte sie ihm dennoch helfen?
Was sah sie in ihm?

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Hielt sie immer noch daran fest, dass er ihr Carranam war?
Doch hatte er diese Verbindung zu ihr überhaupt verdient gehabt?
War er es überhaupt würdig genug, ihr Carranam zu sein?
Nach all dem, was er ihr, Varsha, Hollis und Tenebris angetan hatte?
Hass überkam ihn. Verachtung. Wut. Zorn.
Er war nicht würdig.
Er war nicht würdig genug, ihr Carranam zu sein.
Er war nicht würdig genug, ihr Freund zu sein.
Er war nicht würdig genug, an ihrer Seite zu kämpfen.
Er hatte einen unverzeihlichen Fehler begangen gehabt.
Und der Grund?
Er hatte sich provozieren lassen.
Er hatte sich von den einfachsten Sticheleien Asmirs dazu bringen lassen, dieses verdammte Ritual einzufordern.
Am Ende war es Noah, der Hollis dazu zwang, dieses Ritual abzuhalten.
Und warum? Weil Asmir seinen Stolz verletzt hatte? Weil sein Ego es sonst nicht ertragen hätte?
Er war Schuld.
Es war seine Schuld.
Er war schuldig.
Ein ohrenbetäubendes Knarzen hallte durch die finstere Zelle.
Das erste Geräusch, das er seit mehreren Tagen vernahm.
Sein Trommelfell drohte zu zerbersten: Nach tagelanger Stille war selbst das kleinste Geräusch pure Folter.
Die herrische Stimme eines Soldaten zwang ihn auf die Beine.
Wieder schepperte es: Seine Zelle wurde wohl geöffnet.
Er spürte, wie sich zwei stählerne Handschuhe um seine nackten Arme schlangen.
Seine Ketten fielen klirrend zu Boden – man hatte sie ihm abgelegt, jedoch nur, um seine Handgelenke erneut vor seinem Körper mit einer neuen Handfessel zu fixieren.
Die stählerne Maske über seinen Augen behielt er auf.
Mit voller Wucht schoben ihn die Soldaten aus der Zelle.
Er konnte keine eigenen Schritte machen: Der unerträgliche Hunger und Durst hatten seinen zerschundenen Körper zu sehr geschwächt gehabt.
Mit jedem weiteren Meter, den er über den Boden geschleift wurde, wurden unzählige Gesprächsfetzen lauter. Sie näherten sich einer riesigen Menschenmasse, das war Noah mittlerweile bewusst geworden.
Würde er einem Gericht gegenüberstehen, oder wartete bereits seine geknotete Schlinge auf seinen Hals?
Würde er Myra noch ein letztes Mal sehen dürfen bevor der Tod ihn in Empfang nahm?
Hätte er die Erfüllung dieses einen Wunsches überhaupt noch verdient gehabt?
Ganz gleich, was auch immer am anderen Ende auf ihn wartete:
Er würde sein Urteil akzeptieren.

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„Was ist in dir passiert, Noah?“
Noch immer völlig benebelt von dem brutalen Schlag auf seinem Kopf, konnte er die besorgte Stimme Myras nur gedämpft und weit von sich entfernt vernehmen – schmerzerfüllt stöhnend ließ er sein verzerrtes Gesicht in seine schmutzigen Hände fallen; jedes noch so leise Geräusch drohte, seinen Kopf explodieren zu lassen. Ein Moment der Stille kehrte ein und wirkte wie Balsam für seine zerschundene Seele. Erst das leise Klirren seiner eisernen Ketten durchbrach das unangenehme Schweigen als Noah endlich wieder seinen schmerzenden Kopf hob und diesen in jene Richtung neigte, in welche er Myra vermutete.
„Myra...“, hauchte er leise ihren wohlklingenden Namen – als wäre sie das Heilmittel all seiner grausamen Wunden. Und dennoch zeichnete sich auf seinen zerschundenen Lippen kein erleichtertes, frohes Grinsen ab; vielmehr war es ein trauriges Lächeln, das ihr förmlich seine innerliche Zerrissenheit entgegen schrie. Das Chaos, welches in Noah wütete, war nicht in Worte zu fassen: War es ein unaufhaltsamer Tornado der Gefühle, oder doch nur ein klaffendes Loch der Leere? Er war verwirrt. Angst erklomm seinen geschwächten Geist. War dies nun doch das Ende seiner Reise gewesen? Hatte er doch mehr Probleme als Lösungen erschaffen? War er am Ende derjenige, der all diese unschuldigen Menschen in den Abgrund trieb? Was ging nur vor sich? Was hatte er nur getan?
„Ich…“, seine krächzende Stimme stoppte für einen kurzen Augenblick als hätte dieses eine Wort ihm jeglichen Atem geraubt gehabt. Sofort inhalierte Noah die trockene Luft dieses staubigen Verlieses und füllte deutlich hörbar seine schmerzenden Lungen mit dem überlebenswichtigen Sauerstoff, ehe er erneut seine zittrige Stimme erklingen ließ: „Ich weiß… Ich weiß es nicht. Myra, ich kann nicht… Ich… Es ist… Keine Ahnung… Es ist als würde ich jeden Tag… jeden verdammten Tag… durch diese eine Tür gehen. Jeden Tag aufs Neue. Und nun ist es… nun ist es so, als würde ich durch diese Tür gehen wollen, aber als würde ich vor einer leeren Wand stehen. Als wäre diese Tür… diese Tür ist einfach verschwunden. Tagtäglich gehe ich durch diese eine Tür und nun ist sie weg. Urplötzlich. Und egal, wie sehr ich auch gegen diese leere Wand schlage oder trete oder mich dagegen werfe; es passiert nichts. Diese Wand bricht nicht. Sie lässt mich nicht durch. Und obwohl ich jeden Tag durch diese eine Tür gegangen bin und mir jeden Tag den Raum dahinter angesehen habe, weiß ich nun nicht mehr, was sich hinter dieser Wand verbirgt. Ich weiß, dass es dieser eine Raum ist. Ich weiß, dass er dort ist, Myra. Aber ich weiß nicht mehr… Ich weiß nicht, was für ein Boden dieser Raum hat, welche Farbe die Wand des Raumes hatte, welche Möbel da drin stehen. Ich weiß nur, dass dieser Raum existiert.

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Und so ist es mit meinen Erinnerungen. Arcan, meine Eltern, meine Kameraden – ich kann mich nicht mehr an sie erinnern. Ich weiß nicht mehr, wie sie aussehen, wie ihre Stimmen klingen, wie ich mich in ihrer Nähe gefühlt habe… Ich weiß nichts mehr. Das einzige, woran ich mich noch erinnern kann ist, dass wir auf diesem Schneeberg waren – du und ich. Myra, du bist meine einzige Erinnerung. Als würde ich nur dich und Tenebris kennen. Als hätte es mein Leben davor nicht gegeben…“
Mit jedem weiteren Atemzug konnte man das ängstliche, verzweifelte Zittern in seiner unsicheren Stimme hören – wie es von den dunklen, kahlen Steinwänden dieses Gefängnisses hallte und in der Dunkelheit verstummte. Mit Mühe und letzter Kraft wagte es Noah, sich langsam zu erheben. Seine schweren Fesseln klimperten und klirrten und ließen ihn lediglich drei Meter in Richtung Myra laufen. Die stählerne Maske, die ihm jegliche Sicht verwehrte, rieb schmerzhafte Wunden an seiner Schläfe, seiner Stirn und seiner Nase. Mit jeder weiteren, noch so kleinen Bewegung bohrte sich das kalte Metall tiefer in sein bereits blutiges Fleisch.
„Hollis…“, keuchte er leise auf und ein kleiner Schimmer Hoffnung erfüllte seine krächzende Stimme, „Hollis… Sie ist die einzige, die mir noch helfen kann. Sie ist diejenige, die Antworten hat. Sie… Ich… Wo ist sie? Wieso ist sie nicht hier? Wieso hilft sie mir nicht? Wieso hat sie mir all das angetan und lässt mich nun hier drin verrotten? Myra, bitte. Ich kann das alles nicht. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Myra, hilf mir. Ich weiß nicht, was ich fühlen soll. Ich weiß nicht, woran ich denken soll. Ich weiß nicht, was mich damals alles angetrieben hat. Alles, woran ich festhielt ist auf einmal weg. Hollis hat mir mit meinen Erinnerungen alles genommen, was ich hatte und nun weiß ich nicht mehr, wer ich bin. Ich weiß nicht, wofür ich kämpfen soll. Ich weiß nicht, wofür ich überhaupt noch leben soll. Myra, was auch immer mit mir geschehen ist… Ich… Ich…“
Noah stockte. Erneut atmete er schwer auf. Er erstarrte.
Wofür er kämpfte? Wofür er lebte?
Für Lyshavet. Für Tenebris.
Es war, als würde er noch immer vor dieser einen, leeren Wand stehen in der sich einst eine Tür befand. Als würde er hören, wie der Putz von einer weiteren Wand hinter ihm zu bröckeln begann. Als würde er sich umdrehen – dieser einen Wand den Rücken zukehren, durch welche er einst täglich gegangen war. Als würde er eine andere Wand anstarren; eine Wand mit einem winzigen Loch. Einem Loch durch welches er einen kleinen Einblick erhaschen konnte. Ein Loch, durch welches er ein prächtiges Lyshavet erblickte.

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„Lyshavet…“, wisperte Noah diesmal, wobei sich seine Lippen diesmal nicht schlossen.
Diesmal war es kein zittriges, ängstliches Flüstern.
Er hatte diesen Namen gehaucht als wäre es die Antwort auf all seine Fragen gewesen.
Als wäre es der Schlüssel zu seinem eigenen Glück.
„Lyshavet… Carranam… Wir… Wir müssen Lyshavet befreien. Dein Vater…“
Wieder versuchte Noah, einen weiteren Schritt in Richtung Myra zu wagen, doch seine kurzen Fesseln zwangen ihn wieder zurück.
„Wir müssen ihn vom Thron stürzen. Für dich. Nur dann werde ich die Antworten kriegen können, die ich brauche. Myra… Wie ist der Plan? Wie will Varsha dir helfen, deine Heimat wieder für dich zu gewinnen? Wie willst du deinem Vater entgegentreten? Welche Strategie verfolgen wir? Werden wir mit einer Armee anrücken und ihn frontal angreifen, oder uns hineinschleichen und von Innen heraus attackieren? Bitte Myra, lasst mich euch helfen. Ich kann helfen. Ich kann… Was auch immer für eine Macht nun in mir ist, ich kann euch helfen. Bitte, Myra.“
Es polterte.
Urplötzlich riss der Boden unter Noahs Füßen weg – er hatte keine Kraft mehr; seine zitternden Beine gaben nach und er fiel auf die Knie. Die Verzweiflung, welche noch vor wenigen Minuten seinen gesamten Geist vergiftet hatte, war nun seiner Entschlossenen gewichen: Er wusste nun, wofür er kämpfen musste – auch, wenn er dafür seinem alten Leben den Rücken zukehrte. Doch dies war seine Bestimmung. Hollis Worte – er würde es eines Tages verstehen – hallten durch seinen Kopf. Hatte sie dies gemeint gehabt? Dass er als Myras Carranam wiedergeboren werden musste, um nun seinen wahren Platz in dieser Welt einzunehmen? Völlig gleich, was am Ende auch sein Schicksal war: Er wusste nun, was er wollte: An Myras Seite für die Rettung Lyshavet zu kämpfen.

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06 : ᴘᴏsᴛᴇ ᴇɪɴ ᴢɪᴛᴀᴛ, ᴅᴀs ᴅᴇɪɴᴇ ᴍᴏᴍᴇɴᴛᴀɴᴇ sᴛɪᴍᴍᴜɴɢ ʙᴇsᴄʜʀᴇɪʙᴛ. ✿.

thinkthrough’s Profile Photo❴ • Rome and Ami • ❵
⠀⠀Whatever you're not changing,
⠀⠀⠀⠀⠀⠀ ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ ⠀⠀you're choosing.
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⠀⠀⠀⠀⠀⠀ ⠀⠀❨ Laurie Buchanan ❩

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Klänge einer fremden Sprache verließen die Lippen der maskierten Dame und hallten von den meterhohen Wänden des gigantischen Trainingssaals – kein einziger der neugierigen Schaulustigen wagte es, auch nur ein weiteres Wort zu verlieren.
Ein letzter Atemzug.
Ein letzter Blick in Myras Gesicht.
Stille. Dunkelheit. Pures Nichts.
Minuten. Stunden. Tage.
Regungslos verharrten ihre Körper im Zentrum jener prachtvollen Halle – als hätten ihre Seele schon längst diese irdischen Hüllen verlassen gehabt. Bereits bei Anbruch der ersten Nacht hatte ein Großteil der Schaulustigen den Saal verlassen gehabt; Langeweile hatte ihre Neugier übertrumpft: zwei Statuen gleichend, waren Hollis und Noah in eiserner Stille gebettet.
Doch kaum hatten die ersten Sonnenstrahlen den nächtlichen Horizont erklommen, zogen tiefschwarze Wolken über der Trainingshalle auf – ein greller Blitz, gefolgt von dunklem Donnergrollen. Immer und immer wieder erklang ein markerschütterndes Krachen nachdem das blendende Leuchten dieser brutalen Natur den dunklen Himmel erhellte – ein gleichmäßiger Rhythmus, als atmete der Himmel. Doch in all den Stunden dieses faszinierenden Naturspektakels fiel kein einziger Tropfen Regen.
Die einkehrende Nacht erstickte auch die letzten Sonnenstrahlen und kaum legte sich das seichte Licht des Mondes über Tenebris, verstummte das ohrenbetäubende Donnergrollen: ein letzter Blitz leuchtete über der Trainingshalle auf, ehe sich auch die dunkle Wolkendecke spurlos auflöste. Doch noch immer rührten sich ihre Körper nicht – nur mit äußerster Vorsicht flößten die Bediensteten sowohl Hollis als auch Noah etwas Wasser über die Lippen ein: darauf bedacht, ihre erstarrten Körper so selten wie möglich zu berühren. Ratlosigkeit suchte selbst die Ältesten heim – wieso um alles in der Welt dauerte dieses Ritual so lange an?
Im Schutz der nächtlichen Dunkelheit brachen erste Grashalme durch den robusten Beton des Bodens – gefolgt von einem winzigen Setzling, der sich direkt hinter Noah gen Decke erstreckte. Lediglich eine einzige Nacht genügte, um den gesamten Boden der Halle mit einem saftig grünen Teppich zu bedecken. Eine einzige Nacht, um den winzigen Ast hinter Noah in eine große, robuste Eiche zu verwandeln.
Die einst so prächtige Trainingshalle glich mittlerweile einem verlassenen Gewächshaus - und dennoch verharrten im Zentrum Hollis und Noah; unverändert, regungslos, erstarrt.
Und an jedem gefolgten Tag brachen die gleichmäßigen Blitze durch die eindrucksvollen Decke der Halle und entluden sich in dem Holz der Eiche, welche in jeder Nacht nur noch höher und weiter wuchs. Ein merkwürdiges Schauspiel der Natur, welches sich Tag für Tag, Nacht für Nacht wiederholte.
Sieben Tage. Sieben Nächte.
Doch für Noah nur ein einziger Augenblick.

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Stille. Dunkelheit. Pures Nichts.
Eine Sekunde – in Noahs Wahrnehmung verstrich lediglich eine einzige Sekunde.
Doch entgegen Myras Warnungen erblickte er weder versteckte Erinnerungen noch Emotionen.
Er sah keine bedeutsamen Sekunden seiner möglichen Zukunft.
Im Gegenteil: Jeder zukünftiger Versuch, sich an die Gesichter seiner Eltern und seiner einstigen Kameraden zu erinnern, war vergeblich. Nicht einmal seine einstige Heimat konnte er innerlich visualisieren. Seine am weitesten zurückliegende Erinnerung war Myra: Wie er gemeinsam mit der Hexe in der klirrenden Kälte irgendwo außerhalb Arcans erwacht war. Als hätte sich eine robuste Barriere um seine kostbaren Erinnerungen gelegt gehabt.
Die eiserne Maske er erwachten Schamanin drängte sich sofort in das verschwommene Blickfeld des benommenen Revolutionären, dessen zitternden Lider sich nur langsam öffneten. Ein elektrisierendes Gefühl zuckte durch seinen Körper. Gefolgt von Angst. Hass. Zorn. Verzweiflung.
„Was… was hast du getan? Was zur Hölle hast du mit mir gemacht?“
Ruckartig entzog er sich den Berührungen der maskierten Frau. Wieso konnte er sich nicht mehr erinnern? Eiskalter Schweiß benetzte seine zitternden Hände, die er zu festen Fäusten ballte. Ein, zwei Schritte stolperte er zurück; mit weit aufgerissenen Augen fixierte sich sein Blick auf Hollis. Sein schwerer Atem erstickte sein Grummeln. Sonnenstrahlen fielen durch das von den einstigen Blitzen entstandene Loch in der Decke – benetzten sein kreidebleiches Gesicht in welchem sich tiefe, dunkle Augenringe abzeichneten. Seine Lippen schimmerten bläulich. Er erstarrte. Was war passiert? Wieso? Wieso war seine Vergangenheit in Vergessenheit geraten? Was hatte Hollis ihm angetan? Sollte er sein wahres Ziel vergessen? Sollte er vergessen, wofür er wirklich kämpfte? Wofür er tatsächlich lebte? Wollte sie, dass er nur noch diesem Reich diente? Nur noch an Myra dachte?
Tiefe Falten zierten sein kreidebleiches Antlitz, welches durch den eiskalten Schweißfilm im wärmenden Licht der Sonne glänzte. Wer waren seine Eltern? Kein Name. Kein Gesicht. Keine Erinnerung. Nur noch ein leeres Loch, das in seinem Gedächtnis klaffte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Noah auf den grasbenetzten Boden während seine zittrigen Finger sein eigenes Gesicht berührten – war all das noch die Realität? War er jemals in einer Stadt namens Arcan gewesen? Hatten seine einstigen Kameraden überhaupt jemals existiert? Oder hatte er sich all diese Menschen, seine Eltern, etwa doch nur eingebildet?
„Du wirst es bald verstehen.“, Hollis beruhigende Stimme prallte gänzlich von Noahs tauben Ohren ab – er wollte und konnte ihre Worte nicht hören. Er konnte und wollte diese Frau nicht mehr sehen.
Nie wieder.

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⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ ⠀ ⠀⠀❨ ᴛᴇɴᴇʙʀɪs ❩ ³
Hinter Noah erklangen bereits die stählernen Geräusche gezogener Waffen – bereit, die maskierte Frau jederzeit vor Gefahr zu bewahren, hatten sich zwei bewaffnete Bedienstete hinter Noah positioniert. Doch auch sie konnten nicht aufhalten, was geschah: Weder die unzähligen Tränen, die der Revolutionär still und heimlich verlor, noch das Kribbeln unter seiner Haut und auch nicht das elektrisierende Gefühl in seinen Adern.
Der Bruchteil einer Sekunde.
Länger hatte es nicht gedauert.
Ein markerschütterndes Donnern, zeitgleich mit einem grellen, gezackten Lichtstrahl, der vom Himmel hinab krachte: Direkt durch den Körper der maskierten Dame, welche schließlich leblos zu Boden ging.
Ein Schlag – und wieder war Noah lediglich in Dunkelheit und Stille gehüllt.
Waren es Minuten? Stunden? Oder gar Tage? Sein Zeitgefühl war genauso getrübt wie seine Erinnerung. Noch immer lag ein rabenschwarzer Schleier über Noahs Sicht als dieser allmählich wieder zu sich kam. Der harte, kalte Boden unter seinem schmerzenden Rücken verhieß nichts Gutes – als dann auch noch das verdächtige Klirren von Ketten erklang und er das schwere Gewicht an seinen Arm- und Fußgelenken spürte, konnte sich Noah bereits denken, wo er sich befand.
Ein Griff in sein Gesicht genügte, um zu wissen, dass man ihn als große Gefahr betrachtete: Eine eiserne Maske bedeckte seine Augen. Er war gefangen. Nicht nur in einer kalten, dreckigen Zelle sondern auch in seinem eigenen Kopf.
Sah man ihn nun endgültig als Feind an?
Oder als eine unkontrollierte Waffe?

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„Mein Carranam. Ich habe dich gefunden, Noah.”
Leise rauschend umspielte der warme Sommerwind den athletischen Körper des Revolutionären und verfing sich schließlich zärtlich in den langen, dunklen Strähnen der Frau, deren Worte ihm eine unendliche Last von den Schultern nahm.
Jeder normale Mensch würde wohl unter dem Druck seines neuen Titels „Carranam” wohl zusammenbrechen, doch für Noah bedeutete diese neue Aufgabe ein Gefühl von erleichternder Schwerelosigkeit. Die Jahre der hoffnunglosen Suche hatten endlich ein Ende gehabt: Nicht nur, dass Noah nun seinen wahren Platz in dieser riesigen, neuen Welt gefunden hatte; zum ersten Mal war das revolutionierte Arcan zum Greifen nahe. Diesmal blieb es nicht bei unrealistischen Hirngespinsten; diesmal entwickelte sich ein wahrhaftiger Schlachtplan.
„Myra, Myra, Myra.”, sogleich hallte eine bereits bekannte Stimme durch den wunderschönen Schlossgarten und drohte mit ihrem unheilvollen Klang, jede noch so schöne Blume verwelken zu lassen. Mit misstrauischem Blick wandte sich der Revolutionär zu jener Geräuschquelle, welche nur wenige Meter von dem Duo aus dem Schatten eines Baumes trat - die Arme vor ihrer Brust verschränkt während sie sich grinsend über die Lippen leckte.
„Myra, du äußerst solch großen Worte und das ohne, dass dieser Leckerbissen die Prüfung durchlaufen hat. Er hat keinerlei Ahnung von Magie, geschweige denn kann er seine Eigene kontrollieren und du siehst wahrlich in diesem Mann deinen Carranam? Ich könnte ihn mit einem Fingerschnipsen in Stücke zerreißen.”
Einem hungrigen Raubtier gleichend, näherte sie sich ihnen eleganten Schrittes, wobei ihr gar kampflustiger Blick lediglich Myras Antlitz ins Visier nahm. Selbst als sich der deutlich größere Revolutionär schützend vor seine Begleitung stellte, würdigte Asmir diesen nicht eines Blickes.
Zähneknirschend bewahrte Noah äußerlich eine unumstößliche Ruhe während sein Inneres jedoch brodelte - es wäre eine lächerliche Lüge, wenn er behaupte, der Anblick der rothaarigen Peinigerin verpasse ihm keinen eisigen Schauer. Und nur ein Blick auf ihr schadenfrohes Grinsen verriet, dass sie seine Angst nicht nur spürte sondern gar ausgiebig genoss.

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„Glaubst du wirklich, dieser Mensch könnte Aeon ersetzen?” - Asmirs gehässige Stimme war noch nicht einmal gänzlich verklungen als Noahs entschlossenen Worte ihr eiskalt entgegenpeitschten:
„Mein Schicksal ist es nicht, Aeon zu ersetzen. Mein Schicksal ist es, an Myras Seite zu kämpfen und sowohl ihrem Reich als auch meiner Heimat die Freiheit zu schenken, die die Menschen dort verdienen.”
„Schicksal.”, amüsiert wiederholte Asmir das Wort, welches Noah so selbstbewusst betont hatte während sich die Rothaarige nicht einmal die Mühe machte, ihr gehässiges Kichern zu unterdrücken, „Ihr solltet noch heute mit dem Training beginnen sonst wird dein süßer Begleiter noch auf den Weg nach Lyshavet elendig verenden. Und es wird mir eine Freude sein, ihn dann von seinem Leid zu erlösen.”
Mit einer eleganten Umdrehung wandte Asmir kichernd dem Duo ihren Rücken zu, ehe sie hinter den meterhohen, blühenden Büschen des Schlossgartens verschwand.
In Noahs noch immer geweiteten Augen brannte eine solche Entschlossenheit, wie er sie noch nie in seinem gesamten Leben gespürt hatte - mit ernster Miene traf sein fast schon fanatischer Blick auf Myras Antlitz, ehe seine außergewöhnlich ruhige Stimme erklang:
„Lass uns diesen Test beginnen, der mir meine Macht voraussagt.”

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„Magie ist nichts, was du erlernen kannst.”
Die Worte, die Myras Lippen verließen, zwangen den Geist des Revolutionären zurück auf den harten Boden der Tatsachen; niemals in seinem Leben glaubte Noah an Talent oder geburtgegebenen Gaben. Seit er seinen Schweiß, seine Tränen und sein Blut für die Revolutionäre vergoß, wurde er darauf abgerichtet, dass alles in der eigenen Hand lag:
Stärke erlangen? Training.
Kampfkünste erlernen? Training.
Seele und Geist stärken? Training.
Er war der Schmied seines eigenen Glücks.
Schwer schluckend löste sich der Dunkelhaarige langsam von der jungen Hexe und fuhr sich schließlich seufzend durchs Gesicht - er wagte es nicht, auch nur einen flüchtigen Blick in ihre Augen zu werfen; sie sollte nicht seine tiefe Enttäuschung erspähen.
Diesmal lag es nicht in seiner Hand - diesmal konnte er nicht die Entscheidung treffen; diesmal war das Schicksal, seine Bestimmung am Zug und genau diese Tatsache frustrierte ihn; wie sollte er die Kontrolle an etwas abgeben, an das er selbst nicht glaubte?
Ganz gleich, wie sehr er es auch versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen; Myra konnte hinter seine Maske blicken - und tatsächlich konnten ihre Worte Noah beschwichtigen:
Er hatte einen Bruchteil ihrer Magie erlangt - einem kleinen Samen gleichend, welchen man in fruchtbaren Boden pflanzte. Am Ende war es Noah selbst, der sich um diesen winzigen Keim kümmern musste, damit dieser zu einem riesigen, mächtigen Baum heranwuchs.
„Carranam...”, als Myras Stimme jenes Wort erklingen ließ, sah Noah zum ersten Mal wieder von den edlen Dielen dieser atemberaubenden Bibliothek auf - sein neugieriger Blick verlor sich gespannt in ihrem faszinierenden Augenpaar:
Carranam - das Mächtigste, das er erreichen konnte: Myras Gegenpol und zugleich engster Verbündeter.
Ihre Erklärung scheuchte jeglichen Frust aus seinen Knochen und hinterließ lodernde Hoffnung.
Die Hoffnung, ein Teil von etwas größerem werden zu können.
Die Hoffnung, endlich Veränderungen ins Leben zu rufen.
Die Hoffnung auf ein neues Leben.
Ein Leben für ein Leben.
„Um meinen Vater überhaupt vom Thron zu stoßen, werde ich ihn töten müssen.”
Obwohl Noah diese Antwort bereits erwartet hatte, rollte ein eiskalter Schauer seinen Rücken hinab. Allein der Gedanke daran, das Leben des eigenen Vaters auslöschen zu müssen, raubte Noah den Atem. War dies tatsächlich der einzige Weg?
„Die Götter müssen einen ziemlich dunklen Humor besitzen, nicht wahr?”
„Den Göttern werden wir noch das Grinsen aus dem Gesicht wischen.”
Einem dunklen Donnergrollen gleichend, erfüllte Noahs raue Stimme den menschenleeren Saal während sich sein entschlossener Blick in ihren Augen verlor - als würde er sie damit aus den dunklen Tiefen ihrer Selbst ziehen können.
Eines war klar: dies war keine leere Drohung, es war ein Versprechen.

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Das leise Knirschen unter Noahs schwarzen Stiefeln durchbrach mit jedem weiteren, langsamen Schritt die eingekehrte Stille, die zwischen dem Duo herrschte - Seite an Seite spazierten sie durch den prächtigen Garten, der an dem eindrucksvollen Palast mündete während die wärmende Mittagssonne am wolkenlosen Himmel strahlte.
Vor wenigen Minuten noch musste sich Myra gemeinsam mit Noah durch unzählige Buchtitel kämpfen - auf der Suche nach Wälzern, die den Wissensdurst des Revolutionären stillen würden sobald er dieser Sprache mächtig war. Selbst mit ihrem großen Bücherwagen hatte die zierliche Bibliothekarin große Probleme damit, die ausgewählten Titel Noahs von den Regalen zum Tresen zu transportieren. Man würde ihnen all die Bücher zukommen lassen sobald die nötige Bürokratie erfolgt war.
„Wann weiß ich, welche Art von Magie ich beherrsche? Indem ich irgendwann den Tee in meinen Händen unbewusst erhitze? Oder erreiche ich es nur durch Meditation und Konzentration?”, neugierig nachhakend, löste Noah seinen Blick von all den blühenden Pflanzen, die mit ihrer bunten Vielfalt Leben in diese trostlose Welt hauchten. Seine ungeteilte Aufmerksamkeit galt erneut seiner weiblichen Begleitung.
„Und dieses Band von dem du in der Bibliothek sprachst... wie können wir diese Verbundenheit erreichen und stärken?”, kaum war Noahs Frage verstummt, waren auch seine Schritte verhallt - zwischen den mächtigen Stämmen zweier riesigen Bäumen kam der Revolutionär zum Stehen, um Myra mit einem ernsten Blick betrachten zu können.
„Ich möchte nicht, dass du dich an mich bindest, um meine Heimat zu retten - sollte dieses Band wirklich so stark und wichtig sein, solltest du vielleicht jemanden wählen, der bereits von Geburt an die Verbundenheit zur Magie besitzt und dir somit von größerem Nutzen sein kann. Das bedeutet nicht, dass ich dann nicht an deiner Seite kämpfen werde - für die Freiheit deines Reiches würde ich mein Leben opfern.”

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„Ich zeige es dir.”
Kaum war die sanfte Stimme der Magierin verklungen, wandelte sich das warme Gefühl ihrer weichen Fingerspitzen um seinen Händen in Taubheit um - als würden sich gierige, riesige Klauen um seinen gesamten Kärper schlingen und ihn in einen lebhaften Traum zerren. Er sah alles.
Lyshavet - Myras Heimat, welche sich mit ihrer magischen Natur und all ihren Wäldern, Gewässern und Tieren vor seinen Augen erstreckte.
Die Fea - die mächtigen, nahezu unsterblichen Männern mit den spitzen Ohren und einer tiefen Verbundenheit zur Natur und Magie.
Aeon - Myras kleiner Bruder und Carranam und wie dessen blonder Schopf in das tiefe Grab niedergelassen wurde.
Valeria - Myras liebevolle Mutter, deren feierliche Beisetzung wie ein falsches Schauspiel über die Bühne ging.
Myras Verbannung, ihre Folter, ihre Macht; Ecclesia.
Kein einziges Wort wagte es, Noahs leicht geöffneten Lippen zu verlassen - diese mystische Reise hatte ihm jeglichen Atem geraubt. Gänsehaut zierte seither seinen gesamten Körper und immer wieder rollte ein eisiger Schauer seinen breiten Rücken hinab. Schon nahezu ungläubig blickte er tief in Myras Augen - er konnte nicht fassen, was sich gerade vor seinem inneren Auge abgespielt hatte; was für schreckliche Grausamkeiten das Leben der Hexe pflasterten. Einige Momente verstrichen, ehe sich der junge Revolutionär endlich wieder aus seiner Schockstarre lösen konnte - und sofort seine Arme fest um die zierliche Hexe legte, um diese in eine innige Umarmung zu ziehen.
Er wusste nicht, was er sagen sollte - noch immer machte ihn das Erlebte sprachlos; seine Gedanken glichen einer Einöde, welche zuvor von einer Naturkatastrophe heimgesucht wurde.
„Wer in diesem Krieg unser Feind ist? Mein Vater!”, die schmerzlichen Worte der Magierin schallten durch die riesigen Hallen der Bibliothek und der Griff des Revolutionären um ihren Körper verstärkte sich, als würde er verhindern wollten, dass sie ebenfalls wie die Erscheinungen ihrer Mutter und ihres Bruders in der Luft verschwand.
„Was dir widerfuhr war grausam - ebenso die Taten deines Vaters. Ich will an deiner Seite kämpfen, aber in meinem jetzigen Zustand, weiß ich nicht, ob ich es mit den Kriegern deines Vaters aufnehmen kann. Wie erlerne ich Magie? Erlerne ich nur eine bestimmte Fähigkeit, oder stünde mir alles offen, solange ich Sprüche erlerne? Ich will nicht länger eine Last für dich und diesem Volk hier sein.”
Seine rauen Fingerkuppen kreisten sanft über ihren Rücken - sein Kopf auf ihrer Schulter gebettet. Mit geschlossenen Augen wagte er es, die eine Frage zu stellen:
„Was wirst du mit deinem Vater tun sobald du ihn vom Thron gestoßen hast?”

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Die geschwungenen, dunkelblauen Letter auf den vergilbten Blättern zogen den neugierigen Revolutionären immer tiefer in ihren Bann - obwohl er vielleicht nur jedes zehnte, mal auch jedes dritte Wort halbwegs sinngemäß verstand, konnte er seine in Faszination getränkten Augen nicht von den dicken Wälzern lassen. Nur für einen kurzen Moment musste Noah widerwillig aufblicken, um seinen bereits leicht gereizten Augen ein wenig Linderung zu verschaffen; hatte er dabei tatsächlich zwei animalische Ohren in der Ferne erblicken können, oder war es sein eigener Verstand, der ihm mal wieder Streiche spielte? Allmählich begann der Sechsundzwanzigjährige wirklich, an seiner geistigen Gesundheit zu zweifeln, denn bei einem genaueren Blick war von dem Kätzchen keinerlei Spur zu erkennen. Wie lange hatte er nun schon in dieser verlassenen Ecke der Bibliothek verbracht gehabt? Minuten? Stunden? Vielleicht sogar Tage?
Umso beruhigender war die vertraute Stimme der Hexe, die nur für einen kurzen Augenblick seine ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich zog.
„Nein, also doch, unteranderem auch, ja.“, erwiderte er peinlich berührt auf ihre Frage, ob er sich für die alten Bräuche einer Vermählung interessierte - dass dieses Buch tatsächlich von diesem Thema handelte, hatte er noch nicht herauslesen können; er hatte eigentlich angenommen, eine Anleitung für dämonische Rituale gefunden zu haben. Offenbar war sein Verständnis für diese Sprache doch nicht so ausgereift, wie er gehofft hatte.
„Ich möchte am liebsten alles wissen.“, mit einem dicken Wälzer in der Hand, gestikulierte er aufgeregt - im Schneidersitz auf dem Boden sitzend und von unzähligen, gestapelten Büchern umgeben, „Wie sieht die Landschaft aus? Was für Gepflogenheiten gibt es? Heißt hier ein Nicken vielleicht 'Nein' und ein Kopfschütteln 'Ich war gestern mit einem Dämon Eis essen'? Was für Tiere gibt es - sind Drachen real? Wölfe? Feen? Vor welchen Pflanzen sollte ich mich in Acht nehmen? Wie vermeide ich, verflucht zu werden? Wie sollte ich mich allgemein als Fremder verhalten? Wie kann ich vielleicht sogar als Einheimischer wirken? Ich weiß, es sind so viele Fragen und vieles benötigt Erfahrung, aber ich hatte gehofft, in den Büchern auch Dinge zu finden an die ich niemals gedacht hätte. Was, wenn es hier Gefahren gibt, die ich mir nicht mal in meinen tiefsten Träumen vorstellen kann? Oder wie verhalte ich mich einer bestimmten Rasse gegenüber? Nicht, dass irgendwann ein Zentaur vor mir steht und ich ihn unbewusst beleidige und dann seinen Huf im Gesicht habe!“

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Hektisch preschte ein Wort nach dem nächsten über Noahs gereizten Lippen während dieser nicht einmal daran dachte, irgendwann mal Luft zu holen. Doch mit der Zeit wurde auch der aufgeregte Revolutionär immer ruhiger - vorsichtig ließ er das Buch auf einem Stapel nieder und wischte sich erschöpft mit beiden Händen über das Gesicht.
„Ich möchte keine Last sondern eine Hilfe sein. Wie soll ich in einem Krieg kämpfen, wenn ich ihn nicht verstehe?“, sein entschlossener Blick ruhte auf ihrem attraktiven Antlitz als er neugierig seine Stimme erhob: „Daher meine wichtigsten Fragen: Was ist damals genau geschehen? Gegen wen werden wir am Ende kämpfen?“

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❱❱ NOAH ROUTH ↴
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⠀⠀⠀⠀⠀⠀「 ᴛᴇɴᴇʙʀɪs⠀•⠀ᴘᴀʀᴛ ₁/₂⠀」
„Und da war ich also, gefesselt. Nicht einmal zwanzig Meter von dieser mordlustigen Zauberin und ihren vollkommen irren Anhängern entfernt.“, versammelt in einem kleinen Kreis lauschten vier Herren mit gespanntem Blick der tiefen, rauchigen Stimme eines alten Abenteurers, welcher am Straßenrand auf einer hölzernen Kiste stand, „Also schnitt ich mir meine Fesseln durch und signalisierte meinen Kameraden mit nur einem einzigen Blick, dass wir diesen Kult endlich stoppen müssen!“, von der brodelnden Dramatik heimgesucht, gestikulierte der alte Mann mit den tiefen Geheimratsecken wild umher, „Ihre Anhänger sangen! Die Wolken wurden dunkler und der Dorfbewohner in der Mitte dieser Menge immer blasser! Aber alles, alles woran ich denken konnte: Diese verdammte Zauberin. Und so, so habe ich meine erste Exfrau kennengelernt!“
Spielerisch streifte der angenehme Wind das markante Gesicht des jungen Revolutionärs, dessen langsamen Schritte leise über den steinigen Boden dieser atemberaubenden Stadt hallten. Links und rechts türmten sich die Stände unzähliger Händler, die mit einem begeisterten Grinsen ihre Ware anboten und mit unglaublichen Geschichten priesen:
„Hier, mein junger Freund. Du siehst aus wie jemand, der den Ring der Unsichtbarkeit gebrauchen könnte!“, breit grinsend legte der schmächtige Händler seinen dünnen Arm um einen jungen Passanten, welcher zu seinem eigenen Leidwesen wohl als Opfer auserkoren wurde und stülpte diesem sogleich das besagte Accessoire über den Ringfinger. Und tatsächlich: Kaum saß der schlichte Ring an seinem bestimmten Ort, schien dieser sich in Luft aufzulösen – er wurde unsichtbar. Jedoch nur der Ring.
Amüsiert über das sich ihm bietende Schauspiel, streifte der Dunkelhaarige mit einem breiten Grinsen weiter durch die Straßen, ehe ein bestimmtes Gebäude seine ungeteilte Aufmerksamkeit erweckte. Die mächtige Fassade erstreckte sich in den wolkenlosen, hellblauen Himmel und die großen Letter über dem beeindruckenden Eingang gaben bereits einen Einblick in das Innere des Gebäudes.
Für einen kurzen Augenblick hielt der junge Revolutionär inne und ließ seinen unentschlossenen Blick über die Bewohner schweifen, welche vor dem besagten Eingang herumliefen. Mithilfe der großen Kleiderauswahl, die ihm in seinem neuen Gemach zur Verfügung gestellt wurde, war er sehr wohl an das Äußere der vorbeiziehenden Passanten angepasst. Doch sein Körper sprach eine andere Sprache:
Sie bewegten sich anders. Artikulierten sich anders. Ihre Mimik, die Gestik, die Art wie sie sprachen. Noah war ein Außenseiter, er stammte nicht aus diesem Ort – das konnte selbst ein Blinder mit einem Krückstock aus mehreren Kilometern erkennen. Doch sollte er sich ausgerechnet davon abhalten lassen, diese Bildungsstätte zu betreten?

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❱❱ NOAH ROUTH ↴
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⠀⠀⠀⠀⠀⠀「 ᴛᴇɴᴇʙʀɪs⠀•⠀ᴘᴀʀᴛ ₂/₂⠀」
Tief atmete Noah durch und schloss sogar für einen kurzen Moment seine Augen, um den nötigen Mut zu sammeln – unfassbar, er hatte gegen Armeen gekämpft, Bestien niedergestreckt und die wertvollsten Besitztümer blutrünstiger Adelsmänner gestohlen gehabt, doch das Betreten einer Bibliothek bereitete ihm Sorgen. Doch er wagte den Schritt.
Stille. Pure Stille.
Der wohlige Duft von frischem Kaffee und altem Holz füllte die riesigen Säle in welchen ein angenehmes Klima herrschte. Atemberaubende Malereien zierten die meterhohen Wände, die durch aufwendig verzierte Säulen miteinander verbunden waren.
Er hatte Myra einen Brief hinterlassen – er wollte sie nicht aus ihrem tiefen Schlaf zwingen sondern war einfach ohne sie aufgebrochen, um die Stadt zu erkunden. Er hatte erwähnt gehabt, nach einer Bibliothek Ausschau zu halten, um sich selbstständig etwas über ihre Welt zu informieren.
Dass er jedoch für Stunden über Stunden in den unzähligen Büchern versinken würde, hatte er nicht erwähnt gehabt – und auch nicht, dass er kein einziges Wort davon auf Anhieb lesen konnte.
Wer hätte denn schon gedacht, dass man außerhalb Arcans ein anderes Alphabet verwendete?

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⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀N.oᥲh⠀Roᥙth
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⠀⠀⠀⠀⠀「 ᴛᴇɴᴇʙʀɪs⠀•⠀ᴘᴀʀᴛ ᴏɴᴇ⠀」
Einem unerträglichen Horrorfilm gleichend, erfüllten die grausamen Bilder des schrecklichen Schlachtfeldes das innere Auge Noahs als Myras weicher Daumen ein brennendes Gefühl in dem tiefen Schnitt an seiner Wange hinterließ.
Leblose Körper. Qualvolle Schreie. Verzweifelte Blicke.
Und all dies würde sich wiederholen – Menschen würden erneut für den Machtdurst eines wahnsinnigen Mannes sterben, Familien würden zerreißen, Leben würden zerstört werden. Ein ewiger Teufelskreislauf, der wohl nicht einmal mit der mächtigsten Magie dieser Welt gestoppt werden konnte. Und doch wollte Noah diesen letzten Tropfen Hoffnung nicht unter Dreck vergraben; er vertraute auf Myra und sich selbst – auch, wenn ihre Veränderungen nur ein winziger Tropfen auf einem heißen Stein wäre; Noah gab niemals auf.
So lauschte er aufmerksam ihren Worten, prägte sich dabei jeden Satz fasziniert ein und ließ sich mit der kleinen Glyphe aus ihrem Blut zieren. Es war ein merkwürdiges Gefühl. Jenes Ritual erinnerte ihn an die blutrünstigen Geschichten, die er einst über kinderfressenden Hexen gehört hatte – nichts weiter als eine lächerliche Gruselgeschichte, um kleine Kinder zu erschrecken und doch ließ ihn dieser Gedanke ein wenig schmunzeln. Ob überhaupt etwas an all den Mythen und Sagen über Hexen der Wahrheit entsprach? Eines war sicher: Noah konnte es kaum erwarten, in diese magische Welt eintauchen zu dürfen und endlich einen Einblick in eine völlig neue Welt gewehrt zu bekommen.
Das dunkle Blut Myras vereinte sich spurlos mit der blassen Haut Noahs und hinterließ lediglich ein seichtes Kribbeln in seinen pulsierenden Adern – als würde der Dunkelhaarige mehrere Meter in die Tiefe fallen und schließlich von einer federweichen Wolke aufgefangen werden. Regungslos verharrte der Revolutionär, wartete auf die sinnliche Wirkung jenes Rituals. Würden ihn unerträgliche Schmerzen begrüßen? Oder würde es seine Sinne so sehr benebeln, dass er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte?
Nichts.
Kein Schmerz. Kein Geräusch. Kein Gefühl. Keine einzige Veränderung.
War er nicht bereit? Hatte er irgendeinen Test nicht bestanden gehabt?
Enttäuschten Gemüts öffnete Noah langsam seine müden Augen und blickte Myra verwirrt direkt in die Augen – war er doch nicht für ihre Welt bestimmt gewesen?
Doch gerade als Noah seine Enttäuschung in Worte fassen versuchte, beruhigte ihn die junge Hexe: „Ich denke, morgen sollte es tatsächlich Auswirkung zeigen.“
Er musste also warten – sich in Geduld üben und nicht in Hast und Verzweiflung verfallen. Eine Tugend, die ihm seine Mutter bereits vor Jahrzehnten versuchte beizubringen, doch noch immer tat er sich darin schwer. Vor allem mit dem Wissen, dass ihn eine völlig neue Welt erwarten würde. Wie sollte er ruhig schlafen können?

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⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀N.oᥲh⠀Roᥙth
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„Danke, dass du mir Kraft gibst.“
Versunken in seinen verzweifelten Gedanken, konnten lediglich Myras warmen Worte ihn aus dieser Hilflosigkeit retten. Überrascht blickte der Revolutionär auf. Seine in Erleichterung getränkten Augen fixierten den Rücken der jungen Hexe und in seinem markanten Antlitz ließ sich ein zufriedenes Lächeln nieder: „Danke, dass du mir Hoffnung gibst.“
Das leise Plätschern des warmen Wassers erklang hinter der hölzernen Badezimmertür und hatte die eingekehrte Stille in jenem Schlafgemach gänzlich verdrängt. Zärtlich schmiegte sich der edle Stoff der bequemen Matratze an Noahs entblößten Rücken während sich sein verträumter Blick in der Zimmerdecke verloren hatte.
Zum ersten Mal in all den sechsundzwanzig Jahren hatte er es tatsächlich über die streng bewachte, meterhohe Mauer seiner Heimat geschafft und war in eine völlig neue Welt geraten – eine Welt voller Magie, neuer Kulturen, Traditionen und faszinierenden Völkern. Es schmerzte schon ein wenig, zu wissen, dass er wohl bereits sein halbes Leben gelebt hatte und dies in einer trostlosen Diktatur, die den Menschen jegliche Freude nahm. Wie wohl seine Familie und Freunde auf das neue Leben in Freiheit reagieren würden? Er konnte es kaum erwarten, all diese geliebten Menschen wieder fest in seinen Armen halten zu können – dem Gesang seiner Mutter und dem Lachen seines Vaters lauschen zu dürfen.
Mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen, bemerkte Noah nicht einmal, wie sich seine schweren Lider allmählich senkten und sein Atem immer ruhiger und regelmäßiger wurde. Würde Myra dann noch immer an seiner Seite sein? Immerhin wartete ein Reich auf ihre Herrschaft – würde sie dann noch Zeit für Noah finden? Durften sie dann überhaupt noch Kontakt zueinander pflegen? Doch bevor er überhaupt tiefer in diese deprimierenden Gedanken versinken konnte, tauchte er bereits in einen tiefen, erholsamen Schlaf.

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Gemeinsam hatten sie bereits so viele Hürden überwunden gehabt.
So viele Kämpfe gewonnen, Leben gerettet und Unmögliches möglich gemacht.
Es war nie leicht gewesen und das würde es wohl auch niemals werden, doch gemeinsam mit Myra an seiner Seite, wirkte selbst die heißeste Hölle wie ein angenehmes Urlaubsparadies. Auch, wenn die Hexe hin und wieder ihre eigene Hoffnung und ihren Mut vergaß, war sie der Grund, wieso die lodernde Lebenslust in Noahs Brust niemals erlosch: Er würde weiterleben und kämpfen – selbst, wenn all seine Liebsten aus Arcan diesen Krieg nicht überleben sollten. Das war er nicht nur seinen Eltern und Freunden sondern auch Myra schuldig.
Als sich ihre grazilen Finger fest um seine großen Hände legten, konnte sich der Dunkelhaarige nicht länger als wohliges Lächeln verkneifen. Auch, wenn es sich für Myra anfühlte als seien sie nun zehn Schritte zurückgegangen, war das Treffen mit der arroganten Herrscherin für Noah ein großer Schritt nach vorne. Endlich wusste er, wie das Leben hinter den dicken, meterhohen Mauern aussah und, dass es tatsächlich irgendwo noch Hoffnung für seine geliebte Heimat gab. Dass er dafür jedoch in einen anderen Krieg ziehen musste, war ihm gänzlich gleich: Denn er tat all das nicht nur für Arcan sondern auch für Myra.
Er konnte es in einer gewissen Art und Weise auch kaum erwarten, mehr über diese magische Außenwelt zu erfahren – über die Geschichten hinter all den beeindruckenden Reichen, den mächtigen Familien und der atemberaubenden Magie. Waren all diese mystischen Wesen und magischen Tiere, die in Legenden und Mythen die Hauptrolle spielten, am Ende doch kein Hirngespinst eines kreativen Kopfes sondern pure Realität? Und wenn; wieso war Arcan, die vom Rest der Welt abgeschottete Insel, nicht mit dieser magischen Welt gesegnet?
Innerlich in seinen bunten Gedanken schwelgend, holte ihn erst die zärtliche Berührung Myras zurück in die Realität. Seine Stirn vorsichtig gegen die Ihrige gelehnt, schloss der junge Revolutionär wohlig seufzend seine Augen und genoss Myras weiche Hand, die über seine von Kratzern gezierte Wange strich. Flüsternd wiederholte er ihre Worte: „Für eine bessere Welt.“
Doch die angenehme Symphonie dieser wohligen Ruhe verstummte innerhalb eines Wimpernschlages als sich Myra lächelnd von ihm löste und feierlich ankündigte, ihm endlich die Welt der Magie zu öffnen. Und obwohl die Müdigkeit und Erschöpfung zuvor noch tief in seinen schweren Knochen lag, strömte durch seine Adern nichts als Neugier und Adrenalin: Er war bereit, endlich den Teil der Welt erblicken zu dürfen, der ihm sein gesamtes Leben lang verwehrt blieb. Doch würde er all diese neuen Reize einfach so ertragen können?

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⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀N.oᥲh⠀Roᥙth
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Der verzweifelte Ausdruck in ihrem makellosen Antlitz durchbohrte sein bereits gebrochenes Herz wie ein in Gift getränkter Speer und als in ihren faszinierenden Augen die ersten Tränen aufblitzten, konnte der Revolutionär nicht anders, als sanft ihre Hand zu ergreifen und zärtlich mit dem Daumen über ihren Handrücken zu streichen. „Wir retten einfach die ganze Welt – wie schwer wird das schon sein?“, versuchte er sie mit amüsierter Stimme zu beruhigen, wobei die lodernde Hoffnung in seinen Seelenspiegeln allmählich erlosch – doch klammerte er sich mit letzter Kraft an diesen winzigen Funken, der noch irgendwo in ihm verborgen lag. Sie durften nicht aufgeben; nicht solange dieser Kampf endgültig vorbei war.
„Wir helfen euch.“
Hatte er die Worte der arroganten Herrscherin gerade richtig vernommen gehabt? Oder war all das lediglich eine trügerische Täuschung, die mithilfe irgendeiner erschreckenden Magie beschworen wurde? Sein überraschter Blick schnellte sogleich zu der besagten Frau, welche mit zufriedenem Ausdruck das gebrochene Duo beäugte – tatsächlich hatte ihm sein Verstand keinen Streich gespielt gehabt; diese sadistische Hexe meinte es wirklich ernst und schien ihnen sogar einen Schritt entgegenkommen zu wollen. Dankend neigte Noah leicht sein Haupt, ehe er jener Frau den Rücken zukehrte und langsamen Schrittes Myra und Hollis aus dem atemberaubenden Thronsaal folgte.
„… und das Wohl ihres Volkes steht für sie an erster Stelle.“
Tief durchatmend, verarbeitete Noah die Worte der merkwürdigen Wahrsagerin – tatsächlich wünschte er sich, dies auch über die Herrschenden Arcans sagen zu können, doch dies wäre nur eine traurige, bittere Lüge gewesen, welcher selbst Unwissende keinerlei Glauben schenken konnten. Mit einem schwachen Nicken signalisierte er der Maskierten, ihre Worte vernommen zu haben – in der Hoffnung, die Seherin konnte mithilfe ihrer Fähigkeiten seine Geste verstehen.
Noahs betrübter Blick fixierte den edlen Marmorboden, welcher seine langsamen Schritte leise erklingen ließ. Obwohl die Worte Varshas ihm neue Hoffnung geben sollten, konnte er keinerlei Kraft aus diesen schöpfen.
Vielleicht, weil er ihr noch immer keinerlei Vertrauen schenken konnte?
Oder eventuell, weil all das noch so surreal auf ihn wirkte?
Wer wusste schon, welche wahren Intentionen sich hinter dieser scheinbar ehrenvollen Geste dieser arroganten Frau verbargen; am Ende war sie es, die den Dolch in Myras Rücken rammen würde.
Er konnte, nein, durfte nicht nachlässig werden.
Mit einem leisen Klicken fiel die schwere Holztür des edlen Gemachs erneut ins Schloss und schenkte den Flüchtenden endlich die lang ersehnte Ruhe; zumindest für den Bruchteil einer Sekunde, ehe Myras erschöpfte und gar schmerzerfüllte Stimme das Schweigen brach.

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