"Undank schändet"- Eine Kurzgeschichte über Undankbarkeit:
"Du entfremdest dich von deinen Leuten!"
Der junge Mann schüttelte den Kopf. Er war gut gekleidet, modern, protzig. Ein junger Schwarzer, fern im Norden. Der Mann mit dem er sprach war ein ferner Verwandter und unterschied sich komplett von ihm, seine Kleidung traditionell... der eine hatte die Nase hoch erhoben vor Stolz und Elitedenken, der andere die Stirn gerunzelt vor Zorn und Sorge.
"Meine Leute? Was haben mir meine Leute schon gebracht? Soll ich weiter mit euch rumhängen und Afrika nachtrauern, während ich gleichzeitig ein gutes Leben haben könnte? Mit meinen Freunden was erreichen könnte?"
"Deine 'Freunde' sind dein Verderben!"
Der andere Mann gestikulierte. Er würde eines Tages Schamane seiner Leute werden. Früher hatte er ihn darum beneidet, heute hatte er nur Hohn und Spott für ihn übrig. Aber er hörte ihm wenigstens noch zu.
"Deine Freunde haben dich doch erst in diesen Sumpf gezogen. Die Polizei hat dich noch nicht erwischt. Die anderen Gangs auch nicht. Aber irgendwann wirst du einsehen, was du angerichtet hast. Du hast dich von den Geistern ent..."
Er wurde von einem schallenden Lachen unterbrochen.
"Geister? An den Scheiß habe ich mal geglaubt. Tust du es ernsthaft noch? Wir sind hier in Europa. Wir sind aufgeklärte Menschen... Du lebst in der Vergangenheit."
Der Schamanensohn sah ihm in die Augen, für einen Moment... dann schüttelte er den Kopf, resigniert.
"Ich sehe, ich kann nichts mehr tun... mögest du irgendwann wieder auf den wahren Pfad zurückfinden."
Er schaffte es nicht.
Er lag in einer Gasse, sein Blut rann in die Kanalisation. Er konnte nicht mehr klar denken, sah die Schemen. Die Geister. In diesem grausamen Moment erkannte er, dass der Schamane recht hatte. Immer gehabt hatte. Sie schwebten so kurz vor ihm aber verwehrten ihm, mit ihnen zu gehen. Er würde vergehen...
Seine Hand kroch zu der Brust, riss das Hemd auf. Mit letzter Kraft umfasste er den kleinen Lederbeutel, der an einer Schnur hing. Von ihm hatte er sich nie trennen können. Seine Mutter hatte ihn ihm gegeben, bevor seine Schwester aus den Lagern zurückgekommen war. Als eine andere.
Die Geister schienen befriedigt. Und eine Hand öffnete sie sich vor ihm.
Er ergriff sie, als sein Körper schon vergangen war.
Als der Schamane in der Pathologie den Lederbeutel sah und erfuhr, dass der Junge ihn umklammert hatte, lächelte er.
Der junge Mann schüttelte den Kopf. Er war gut gekleidet, modern, protzig. Ein junger Schwarzer, fern im Norden. Der Mann mit dem er sprach war ein ferner Verwandter und unterschied sich komplett von ihm, seine Kleidung traditionell... der eine hatte die Nase hoch erhoben vor Stolz und Elitedenken, der andere die Stirn gerunzelt vor Zorn und Sorge.
"Meine Leute? Was haben mir meine Leute schon gebracht? Soll ich weiter mit euch rumhängen und Afrika nachtrauern, während ich gleichzeitig ein gutes Leben haben könnte? Mit meinen Freunden was erreichen könnte?"
"Deine 'Freunde' sind dein Verderben!"
Der andere Mann gestikulierte. Er würde eines Tages Schamane seiner Leute werden. Früher hatte er ihn darum beneidet, heute hatte er nur Hohn und Spott für ihn übrig. Aber er hörte ihm wenigstens noch zu.
"Deine Freunde haben dich doch erst in diesen Sumpf gezogen. Die Polizei hat dich noch nicht erwischt. Die anderen Gangs auch nicht. Aber irgendwann wirst du einsehen, was du angerichtet hast. Du hast dich von den Geistern ent..."
Er wurde von einem schallenden Lachen unterbrochen.
"Geister? An den Scheiß habe ich mal geglaubt. Tust du es ernsthaft noch? Wir sind hier in Europa. Wir sind aufgeklärte Menschen... Du lebst in der Vergangenheit."
Der Schamanensohn sah ihm in die Augen, für einen Moment... dann schüttelte er den Kopf, resigniert.
"Ich sehe, ich kann nichts mehr tun... mögest du irgendwann wieder auf den wahren Pfad zurückfinden."
Er schaffte es nicht.
Er lag in einer Gasse, sein Blut rann in die Kanalisation. Er konnte nicht mehr klar denken, sah die Schemen. Die Geister. In diesem grausamen Moment erkannte er, dass der Schamane recht hatte. Immer gehabt hatte. Sie schwebten so kurz vor ihm aber verwehrten ihm, mit ihnen zu gehen. Er würde vergehen...
Seine Hand kroch zu der Brust, riss das Hemd auf. Mit letzter Kraft umfasste er den kleinen Lederbeutel, der an einer Schnur hing. Von ihm hatte er sich nie trennen können. Seine Mutter hatte ihn ihm gegeben, bevor seine Schwester aus den Lagern zurückgekommen war. Als eine andere.
Die Geister schienen befriedigt. Und eine Hand öffnete sie sich vor ihm.
Er ergriff sie, als sein Körper schon vergangen war.
Als der Schamane in der Pathologie den Lederbeutel sah und erfuhr, dass der Junge ihn umklammert hatte, lächelte er.
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Andy McQueen