Als Kinder liefen wir an der Hand unserer Eltern, in der Jugend wurde unsere/r Selbstständigkeit/Radius größer. Wie hast du diese Zeit erlebt? Fühlte sie sich aufregend an, hat sie dich verunsichert? Wie war es, als dir bewusst wurde, dass du kein Kind mehr bist?
(1/2):
Puh, ich habe mir sehr viel Zeit mit dieser Antwort gelassen, da ich viele Dinge ansprechen wollte, die ich vermutlich in zwei separate Beiträge unterteilen muss (danke, ask, dass du es bis heute nicht gebacken bekommst, die Zeichenbegrenzung auszuweiten).
Ich weiß nicht, ob das in irgendeiner Weise mit meinem kulturellen Hintergrund korreliert, aber in meiner Jugend hat wenig bis gar keine "Selbstständigkeit" existiert, was mich in meiner zwiegespaltenen Identität unterschiedlicher sozialer Prägungen extrem beeinflusst hat. Dinge, die für viele Jugendliche "normal" gewesen sind, wurden mir nicht erlaubt bzw. aus einem komplett anderen Habitus geframed und durchleuchtet. Das hat mitunter auch dazu geführt, dass ich gewisse Dinge im Verborgenen in Angriff nehmen "musste", weil ich mich extrem eingeschränkt gefühlt habe. Retrospektiv war ich nicht besonders glücklich oder stolz darüber, aber ich stand psychisch unter ständigem Druck, mich an mein soziales Umfeld anpassen zu müssen. Partys und Drógen waren zwar trotzdem nie mein Fall, aber man merkt allein anhand dessen, was für ein enormer Einfluss diese Zweiteilung für mich hatte und letztlich in gewisser Hinsicht zu Isolation und Ausgrenzung geführt hat, allen voran, als meine beste Freundin, die genau den gleichen kulturellen Hintergrund hatte, anfing, eine 180°-Wende zu vollführen und mich immer stärker für ihre coolen, rebellischen Freunde zurückzulassen. Ich fühlte mich sehr entfremdet und eigentümlich. Ich konnte nie viel mit diesen jugendlichen Konventionen anfangen, die normalisiert und von außen bestärkt werden und leider war ich durch meine Sozialphobie schon immer sehr unbeholfen darin, "Gleichgesinnte" zu finden, die man außen eher als langweilig und nichtssagend abtun würde.
Erst, als ich zu Beginn meiner Zwanziger neben meinem Studium eine Arbeit verrichtet habe, kam es mit meiner Mutter zu einem sehr großen Streit, als ich mit drei meiner Arbeitskollegen für einige Tage durch Deutschland tuckern und Gespräche protokollieren musste. Es sind so viele hässliche Worte und Tränen gefallen, aber letztlich hat sie endlich akzeptiert, dass ich verantwortungsvoll, vorsichtig und eigenständig bin und als Frau eben nicht ständig beschützt, unter Verschluss gehalten und am besten noch von meinem älteren Bruder in allem begleitet werden muss, weil die große böse Welt da draußen voller Gefahren ist. Ich nehme es ihr nicht übel, da sie so in ihrem Heimatland sozialisiert wurde, aber als Person, die ständig in diametraler Beziehung zu ihrem Umfeld steht, kann es einen, gelinde gesagt, ein bisschen in den Wahnsinn treiben. (Freud würde es weibliche Hysterie nennen, aber der war misogyn af, selbst, wenn er die Tiefenpsychologie nachhaltig geprägt hat.)
Teil 2: https://ask.fm/feytality/answers/173436984632
Puh, ich habe mir sehr viel Zeit mit dieser Antwort gelassen, da ich viele Dinge ansprechen wollte, die ich vermutlich in zwei separate Beiträge unterteilen muss (danke, ask, dass du es bis heute nicht gebacken bekommst, die Zeichenbegrenzung auszuweiten).
Ich weiß nicht, ob das in irgendeiner Weise mit meinem kulturellen Hintergrund korreliert, aber in meiner Jugend hat wenig bis gar keine "Selbstständigkeit" existiert, was mich in meiner zwiegespaltenen Identität unterschiedlicher sozialer Prägungen extrem beeinflusst hat. Dinge, die für viele Jugendliche "normal" gewesen sind, wurden mir nicht erlaubt bzw. aus einem komplett anderen Habitus geframed und durchleuchtet. Das hat mitunter auch dazu geführt, dass ich gewisse Dinge im Verborgenen in Angriff nehmen "musste", weil ich mich extrem eingeschränkt gefühlt habe. Retrospektiv war ich nicht besonders glücklich oder stolz darüber, aber ich stand psychisch unter ständigem Druck, mich an mein soziales Umfeld anpassen zu müssen. Partys und Drógen waren zwar trotzdem nie mein Fall, aber man merkt allein anhand dessen, was für ein enormer Einfluss diese Zweiteilung für mich hatte und letztlich in gewisser Hinsicht zu Isolation und Ausgrenzung geführt hat, allen voran, als meine beste Freundin, die genau den gleichen kulturellen Hintergrund hatte, anfing, eine 180°-Wende zu vollführen und mich immer stärker für ihre coolen, rebellischen Freunde zurückzulassen. Ich fühlte mich sehr entfremdet und eigentümlich. Ich konnte nie viel mit diesen jugendlichen Konventionen anfangen, die normalisiert und von außen bestärkt werden und leider war ich durch meine Sozialphobie schon immer sehr unbeholfen darin, "Gleichgesinnte" zu finden, die man außen eher als langweilig und nichtssagend abtun würde.
Erst, als ich zu Beginn meiner Zwanziger neben meinem Studium eine Arbeit verrichtet habe, kam es mit meiner Mutter zu einem sehr großen Streit, als ich mit drei meiner Arbeitskollegen für einige Tage durch Deutschland tuckern und Gespräche protokollieren musste. Es sind so viele hässliche Worte und Tränen gefallen, aber letztlich hat sie endlich akzeptiert, dass ich verantwortungsvoll, vorsichtig und eigenständig bin und als Frau eben nicht ständig beschützt, unter Verschluss gehalten und am besten noch von meinem älteren Bruder in allem begleitet werden muss, weil die große böse Welt da draußen voller Gefahren ist. Ich nehme es ihr nicht übel, da sie so in ihrem Heimatland sozialisiert wurde, aber als Person, die ständig in diametraler Beziehung zu ihrem Umfeld steht, kann es einen, gelinde gesagt, ein bisschen in den Wahnsinn treiben. (Freud würde es weibliche Hysterie nennen, aber der war misogyn af, selbst, wenn er die Tiefenpsychologie nachhaltig geprägt hat.)
Teil 2: https://ask.fm/feytality/answers/173436984632
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