Lola van Unbehagen

Hab' früher nach dem Musikunterricht den Melodikaschlauch im Kinderzimmer herumgewirbelt, so dass die herausfliegende Spucke im 360Grad-Umkreis meine Schwester auf jeden Fall mindestens drei Mal traf. Nee, ich glaub' ich hab' da sogar extra reingesabbert...

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Dann hatten wir immer mal diese Riesenlollis vom Rummel daheim. Habe mir meist abends 10Minuten Zeit genommen, das Teil möglichst klebrig zu speicheln, und wenn meine Schwester in die Wanne wollte, hab' ich ihr den auf den Rücken geklebt - da kam se' ja nicht ran.

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So eklich war ich eigentlich nicht... bin ich nicht...naja obwohl doch - wenn mir so ein Flatrate-Pickel wächst, freu' ich mich immer. Den entdeckst du morgens, denkst er ist reif - und trotzdem merkste nach dem Abtragen, dass da noch was kommt - und schon zwei Stunden später ist es, als hätte man nie geerntet. Am schönsten drückt sichs, wenn so ein kleines "PCKS" ertönt - das ist die Stechuhr der Pickelbauern.
Man sieht danach zwar aus wie ein Kupferstich über die Beulenpest - aber allein der Überraschungsmoment unerwarteter Ernterträge macht das wieder wett.

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Ich bin nicht so versiert im durchgeplanten Schmackhaftmachen - du würdest einfach bei mir eintrudeln, es würde das zu essen geben, worauf ich an diesem Tag auch Kochlust habe und genau dasselbe ist es, wenn wir zum Getränke holen in den Discounter gehen.
Bewanderter bin ich dagegen im Gestalten von Nächten - wahrscheinlich hätte ich dann etwa 21:00 Uhr eine tolle Spielidee und wir würden diese draußen umsetzen. Dazu würde wahrscheinlich auch das Besteigen von alten Häusern gehören. Mein bisheriges Lieblingshaus müssten wir aber doch noch bei Tageslicht besuchen. Ne' alte Gründerzeitvilla auf einem verwucherten Hang, etwas abseits und verlassen des Naturparks mit Waldbad wäre die.
Wir folgten einfach einem provisorisch anmutenden Pfad, der entlang der Erhöhung - umgarnt von mittelkräftigen Bäumen - in noch tiefere Mengen von Randbäumen führte, obwohl der Weg unten richtungstechnisch zum Parkplatz führte.
Hab' mich gefreut wie jolle, als ich die damals entdeckt habe. Am Eingang ist alles voll mit Ziegeln; das Gemäuer über den Tür-und Fensteröffnungen ist teilweise eingefallen, und man glaubt, man käme durch den Keller hinein, weil dort unten alles so eng und verwahrlost ist. Es führt dann eine Steinwendel nach oben ins gefühlte Erdgeschoss. Man sieht dort eine Fülle an Zimmern mit unterschiedlichen, verblichenen Blumentapeten - vereinzelt sah man auf diesen auch die üblichen Graffiti-Schmierereien unterer Klasse. Also einfach nur von Dorfkindern was hässliches geschrieben. Die Dielenböden knarrten an bestimmten Stellen recht gefährlich, denn es ist zu erwähnen, dass wir hier ein sehr ästhetisches Beispiel für das Bild "Das Leben findet einen Weg" erhielten:
An einigen Stellen schienen die Zimmer recht dicht zu sein, an anderen aber waren die Holzdielen aufgeplatzt, und es wuchsen allerhand Pflänzchen dazwischen hervor.
Hatte man endlich den Weg ins anmutende Follier oder Wohnzimmer gefunden, sah man sich konfrontiert mit einem angenehm halbhellen Raum. Zur Rechten führte einst eine Massivholzwendeltreppe nach oben, heuer dagegen ist sie am halben Winkel abgebrochen, so dass es aussieht, als schwebe sie ein wenig in der Luft. Auf geradem Blick nach oben waren noch die großen Stuckzierden erhalten, unter denen sich ein riesiger Kamin befand - seinerseits auch liebenswert verwahrlost.

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Nun will man also wissen, was einem nach dieser Umarmung an diskreter Verwunschenheit im zweiten Stock begegnet, also suchten wir einen Weg nach oben. Nach ein paar Anflügen der Angst fanden wir uns im Dachgeschoss wieder; und zur Sonnenseite führte ein kleiner Raum. Die oberen Hälften der Wände über den Holzbalken lagen komplett frei; der ehemalige Zugang zum Balkon lag voll von multikulturellen Holzbrettern - die Aussicht war herrlich. Ich musste das jetzt so umständlich umschreiben, weil wir Blöden keine Fotos weiter gemacht haben, außer das Untere.

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Danach jedenfalls wärst du bereit für eine Nacht voller Spiel, Spaß und Schokolade.

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Die alten, Nostalgie-ockerfarbenen Steintreppen, deren Neigung von massiven Metallgeländern begleitet war. Die Wände waren rentnergrün, mit einem senfgelben Strich am oberen Ende, danach ging's bis zur Decke hoch in..keine Ahnung, ob das mal weiß gewesen sein soll...nja, ne' Altbau-Schule eben. Generell ist das Korridormaterial das Deutlichste in meiner Erinnerung - und an den Wänden diese billigen Holzstreben, jeweils oben und unten mit einer Entfernung von etwa 40 Zentimetern mit Nägeln befestigt.. Da hingen meist diese typischen Collagen - und die Russen hatten immer die schönsten Zeichnungen. Ich ging also zu meiner Mutter und fragte, wieso ausgerechnet die russischen Mädchen so toll malen können - sagt die "Weil die nicht so viel Fernsehen gucken".

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Die Ironie will es, dass meine erste große Liebe ein Junghans russischer Wurzeln war. Und nach einiger Zeit, in der ich mir von der Familienstruktur ein Bild machen konnte, verstand ich endlich, wieso die russischen Mädchen so toll gemalt haben:

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Es lag nicht daran, dass sie weltfremde Snobs aus nem' Land mit Urlaubs-Schrift waren und orthodox-brachial jegliche Kommunikationsmedien verweigerten - die wollen einfach nur sehr gut sein in dem, was sie machen. Hab' ich dort zumindest als bezeichnende Grundmentalität erlebt.

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