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Er legte dann schlussendlich seinen Dienst nieder - eher, als es die Entlassung aus seiner Verpflichtung vorschrieb. Ich weiß nicht genau, wie das bei ihm einher ging - ich schätze, er desertierte einfach, oder betrieb mehrmals "unerlaubte Entfernung" - schon bei 3 Tagen wirst du dafür nach dem sog. Wehrstrafgesetz mit bis zu 3 Jahren Knast bestraft. Er saß also ein; mehrere 1000€ Strafe musste er auch zahlen; geriet in eine Schuldenfalle, letzten Endes in die Obdachlosigkeit.
Für eine Entscheidung über sein eigenes Leben, für einen Krieg, der nicht seiner war.
Wir sprachen über Gott und die Welt; es kam kurz eine Frau hinzu; eine Bekannte von ihm; das Gesicht vernarbt, wohl gezeichnet von C. Sie dachte, sie würde unser Gespräch stören und entschuldigte sich. Sie entschuldigten sich ohnehin für alles - für jedes unterbrochene Wort im Redeschwall, für jede Gegenfrage, für jeden eventuellen Störfaktor, für ihren Geruch, für die Bierfahne... - offenbar hat sich bei ihnen selten jemand entschuldigt. Vielleicht sogar nie. Ihre ganze Herangehensweise an Interaktion sang ein trauriges Lied von der Verachtung ihrer Mitmenschen. Ich hätte sie gern geheilt von ihrer Schuld; allem voran Holger, den Veteranen. Statt dessen heilte er mich - er heilte mich, indem er meinen Missmut anerkannte und sagte: "Du darfst dich nicht unterkriegen lassen; es wäre schade um dich, es wäre so schade. Du bist eine wundervolle Person; ich sehe es jeden Tag, Menschen wie dich trifft man selten." Im Grunde war das aber gar nicht die eigentliche Heilung - die eigentliche Heilung erfolgte beim Abschied, anhand einer tiefgehenden, ehrlichen Dankbarkeit für meine Zeit, mein Ohr, meine Worte. Sie erschütterte mich bis ins Mark - nein, nicht mich - meinen Missmut, und doch irgendwo mich. Ich weiß nicht, ob ich es geschafft habe, ihm meine Dankbarkeit auch so deutlich auszudrücken.
An diesem Tag erhielt ich meinen Glauben an die Menschheit zurück. Ein paradoxer Glauben; aber das hat es ja so an sich, mit dem Glauben.
Die Frau am Bankschalter wirkte wie eine verlebte, emotionslose Puppe gegen die Menschen, mit denen ich gerade Zeit verbringen durfte. Ihre sterile Gepflegtheit untermalte ihre Anteilnahmslosigkeit - und doch bestärkte das meinen Glauben, anstatt ihn zu schmälern. Auch Dankbarkeit kann ein Virus sein - ein Virus, das transformiert; in diesem Fall mein starrsinniges Ärgernis über den Verlust meiner EC-Karte. Ihr wisst ja, wie es ist - hätte ich die Karte nicht verloren, hätte ich nicht zur Bank gemusst und so weiter und so fort.
Diese Zeilen sind eine Danksagung an Holger.
Ich hoffe, er macht sich, ich hoffe, es geht ihm gut.
Für eine Entscheidung über sein eigenes Leben, für einen Krieg, der nicht seiner war.
Wir sprachen über Gott und die Welt; es kam kurz eine Frau hinzu; eine Bekannte von ihm; das Gesicht vernarbt, wohl gezeichnet von C. Sie dachte, sie würde unser Gespräch stören und entschuldigte sich. Sie entschuldigten sich ohnehin für alles - für jedes unterbrochene Wort im Redeschwall, für jede Gegenfrage, für jeden eventuellen Störfaktor, für ihren Geruch, für die Bierfahne... - offenbar hat sich bei ihnen selten jemand entschuldigt. Vielleicht sogar nie. Ihre ganze Herangehensweise an Interaktion sang ein trauriges Lied von der Verachtung ihrer Mitmenschen. Ich hätte sie gern geheilt von ihrer Schuld; allem voran Holger, den Veteranen. Statt dessen heilte er mich - er heilte mich, indem er meinen Missmut anerkannte und sagte: "Du darfst dich nicht unterkriegen lassen; es wäre schade um dich, es wäre so schade. Du bist eine wundervolle Person; ich sehe es jeden Tag, Menschen wie dich trifft man selten." Im Grunde war das aber gar nicht die eigentliche Heilung - die eigentliche Heilung erfolgte beim Abschied, anhand einer tiefgehenden, ehrlichen Dankbarkeit für meine Zeit, mein Ohr, meine Worte. Sie erschütterte mich bis ins Mark - nein, nicht mich - meinen Missmut, und doch irgendwo mich. Ich weiß nicht, ob ich es geschafft habe, ihm meine Dankbarkeit auch so deutlich auszudrücken.
An diesem Tag erhielt ich meinen Glauben an die Menschheit zurück. Ein paradoxer Glauben; aber das hat es ja so an sich, mit dem Glauben.
Die Frau am Bankschalter wirkte wie eine verlebte, emotionslose Puppe gegen die Menschen, mit denen ich gerade Zeit verbringen durfte. Ihre sterile Gepflegtheit untermalte ihre Anteilnahmslosigkeit - und doch bestärkte das meinen Glauben, anstatt ihn zu schmälern. Auch Dankbarkeit kann ein Virus sein - ein Virus, das transformiert; in diesem Fall mein starrsinniges Ärgernis über den Verlust meiner EC-Karte. Ihr wisst ja, wie es ist - hätte ich die Karte nicht verloren, hätte ich nicht zur Bank gemusst und so weiter und so fort.
Diese Zeilen sind eine Danksagung an Holger.
Ich hoffe, er macht sich, ich hoffe, es geht ihm gut.