Rye

Naja, es waren ja nur ein Gefühl und ein paar Ungereimtheiten, die mich zu der Annnahme gebracht haben. Aber wenn es so war, dann hat ihn das vermutlich eingeschüchtert - wenn man selber mit gewissen Intentionen die Wahrheit verschleiert, erwartet man dasselbe von anderen. Er konnte ja nicht wissen, dass es bei mir eher aus der Not war (weshalb ichs auch unbedarft selber verraten habe, und...es waren leider auch keine kleinen Lügen xD).
Genauso gut kann ihm aber auch in seinem nächsten Reiseziel was zugestoßen sein, was ich nicht hoffe, vielleicht wollte er mich wirklich nur rumkriegen und ließ nach einem Gespräch über Liebe doch lieber die Finger von mir, oder er fand eine andere Beute, oder was auch immer - haben uns guter Dinge verabschiedet und dann nie wieder gesehen, meine Nachrichten blieben unbeantwortet. War sehr merkwürdig, jedenfalls für mich als Provinzkind mit Hang zu dauerhaften Kontakten. :(

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Im Philosophiestudium hat mich mal einer angequatscht, den ich bis heute nicht komplett verstanden habe. Der kam aus einer anderen Hochschule, wohl privat, musste für seinen Master aber irgendwelche Scheine bei uns holen und hat in seinen Kursen immer wieder Leute angesprochen, irgendwann auch mich.
Er war..irgendwie aufdringlich, hat mich am ersten Tag schon unnötig lange begleitet, war gleichzeitig auch so richtig flach in Annäherungsversuchen - also z.B. so wirklich klischeehaftes Strecken und dann den Arm um mich legen. xD Auf der anderen Seite haben wir uns so gut verstanden, dass wir irgendwann fast aus einem Kurs geworfen wurden (bei meinem Lieblingsdozenten :c) und dann lieber schwänzten, um miteinander zu reden.
Da haben wir uns dann einfach privat verabredet, aber ich hab das damals nicht wirklich als Date gesehen. Er schon, glaube ich. xD Wir haben uns irgendwo in Berlin getroffen und er hat alles weitere organisiert. Das fing mit "normalen Dingen" wie Chillen an der Spree bei Hausbesetzern an, ging auch klassisch mit einem rrrichtig guten indischen Essen weiter, aber er hat nach und nach natürlich auch erfahren, dass ich, so von außerhalb, kein Kiez richtig kenne. x) Musste er ändern. Frag mich bitte nicht, was ihn geritten hat, aber er hat mich direkt in den Görli geschleift und sich da kaum vor Lachen halten können, als ich den Park halt..als Park an sich bewertet hab. Daraus wurde eine kleine Kiez-Lehrstunde und nachdem wir ein paar Dealer abgewimmelt haben, wars da tagsüber auch ok. Nur dreckig, ey. Wir waren nur eine Weile da, dann gings weiter in ein besetztes Haus, wieder ans Wasser und so weiter.
Der Typ war irgendwie merkwürdig. Hat mit seiner Ex zusammengelebt, aber so im Nachhinein klar versucht, mich aufzureißen. Andererseits war er charmant und zurückhaltend, fand mich ganz klar provinzial naiv, aber wohl irgendwie auch beeindruckend. x) Ich glaube, er hatte ein ziemliches Lügenkonstrukt aufgebaut und dann herausgefunden, dass ich auch meine Geheimnisse hatte. Andererseits war das mal ein normaler Mensch im Studium!!!1!11 Boah. Wie beschreib ich das? Wir haben mal ein Seminar, also anderthalb Stunden lang, über Sinn und Nutzen von Rollstuhlrampen diskutiert, natürlich philosophisch, also in anspruchsvoll (ohne auf irgendein Ergebnis zu kommen). Ich bin als einzige mit dem Gedanken rausgegangen, wie unproduktiv das war - und das lief fast im ganzen Studium so. Er sah die Dinge ähnlich und etwas lebensnaher, das war so angenehm!

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Nach diesem Date hat er mich dann geghostet. Wahrscheinlich wegen meiner kleinen Lügen - und, weil ich ihm von meinem damaligen Freund vorgeschwärmt hab, haha (war naiv!). Ich allerdings hab einen Sprung nach vorne gemacht, in so vielen Dingen, und die Stadt danach erst richtig kennengelernt. Selbstbewusstsein in der Uni entwickelt. All diese Eindrücke und dieser einfach schöne Tag - schlicht, aber erfüllend - habens unvergesslich gemacht. Er war halt auch ein toller Gesprächspartner.

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Den Horrorfilm-Protagonisten ist ja als Charakter nicht bewusst, dass sie sich in einer Rahmenhandlung befinden. Der Charakter hat bis dato sein normales Leben gelebt, wer von uns würde aus seinem Alltag kommen und gedanklich irgendwo einen Filmbeginn setzen? Wir kennen das Genre und erwarten mehr, wir erwarten sogar alles von Anfang an, der Charakter aber nicht unbedingt. Eine innere Erwartungshaltung und Vorbereitung machen sehr viel aus, was meinst du, warum die Auffindenden psychologische Betreuung brauchen, während bspw. Rettungskräfte oder Ermittler so etwas häufiger sehen und insgesamt besser verkraften?

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Und dann habt ihr beide wahrscheinlich auch noch keinen Körper aufgefunden. Da denkt man an ein bisschen anderes als an seine eigene Auffälligkeit. Stelle mir das bei einem Gewaltopfer noch schlimmer vor - stell dir vor, du biegst um die Ecke, die du von dir aus jetzt gerade siehst, und da liegt jemand blutüberströmt, grausam zugerichtet. Du kannst damit nicht easy umgehen. Du bist einfach nur ein etwas abgestumpfter Zuschauer, der die Fiktion der Leinwand nicht auf die Realität überträgt, sonst würden dich auch Explosionen oder dieses typische Hängen am Abgrund weit mehr mitnehmen.
Sieh einen Horrorfilm mal wie einen Tag aus dem echten Leben. Versetz dich in alles hinein, mach dich verletzlich. Dann macht das Genre allerdings keinen Spaß mehr, wenn mans nicht wirklich liebt. :)

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Schon sehr oft.
Am schlimmsten davon war wohl das Ereignis, von dem ich hier auch schon erzählt habe, der Radfahrer ohne Licht auf stockdunkler Landstraße, den ich nur durch ein kurzes Aufblinken seines Pedalreflektors nicht überfahren habe. Hätte ich auch nur eine Sekunde vorm Bremsen gezögert, würde ich heute ganz anderes darüber zu berichten haben.
Die letzte Situation, die aufs beschriebene passt, war eine ganz andere. Ich habe mit einer Freundin die Nacht durchgeschrieben, wir waren müde und aufgewühlt wegen anderer Dinge zuvor, und da hab ich sie unabsichtlich ziemlich böse getriggert. Hmmm, sowas ist sehr nice. Nicht. Andere Person lebt allein und man hat nur das schriftliche Mittel, um den anderen zu erreichen, weils Telefon für sie eine Herausforderung ist. Ich hab mir eine Stunde lang die Finger wund geschrieben mit allem möglichen, was mir einfiel, allein um sie online und in Kontakt zu halten, bis sie sich wieder gefangen hat. Aber holy. Sie hat so angetriggert natürlich alles missverstanden, das gottseidank aber kommuniziert und so gut wir es gemanaged haben, ein falscher Schritt, zu lange mit einer Reaktion gezögert und sowas endet schnell böse. Ich hatte in dem Moment wirklich Angst, denn wenn sich jemand in der Situation erstmal isoliert hat, bleibt er es auch. Und das ist dann absolut nicht mehr in seinen Folgen abzuschätzen.

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